Ein Gespräch mit dem Kölner Musikerduo Simon Werle + Johannes Stankowski
Warum ist der Anteil der männlichen Künstler in der ernstzunehmenden Popmusikbranche so groß? Vielleicht damit intelligente Mädchen über 20 ihren voyeuristischen Blick und die Lust am pubertären Schwärmen ausleben können – ohne sich dafür schämen zu müssen. Derlei Kompensation funktioniert besonders gut mit dem Duo Werle+Stankowski. Die zwei Kölner machen nicht nur eingängigen Pop, nein, sie sehen außerdem umwerfend gut aus. „Seufz.“ Die Mädchen schauen sich an und drehen die Augen gen Decke. „Man sind die toll!“, sagen sie auch zu ihren männlichen Begleitern, meinen dann aber natürlich die Musik und den äußerst charmanten Auftritt der Jungs. So verwundert es nicht, dass auch nach dem Konzert das weibliche Publikum die Blicke nicht abwenden will von den Musikern an der Bar. Pop kann so schön sein. Ein Gespräch:
Manche sagen ja, eure Texte wären eher zweitrangig.
Stankowski: Wer sagt das?
(Gelächter)
Man munkelt auch, dass ihr nur Popmusik machen und damit ganz groß werden wollt.
Werle: Wir machen Pop!
Stankowski: Wir sind ganz groß, es weiß nur noch keiner. Für mich persönlich spielen die Texte eine ganz große Rolle. Beide Teile, meiner und Simons, müssen sehr hochwertig sein, damit wir im besten Wissen sagen können, wir sind die beste Elektropopband, die es in Deutschland gibt. Aber das Gefühl habe ich ehrlich gesagt eh. Es gibt keine elektronische Popband, die auf die Fresse haut, hochwertige Texte auf Englisch hat und aus Deutschland kommt!
Werle: Wir sind beide auf jeweils unserem Gebiet Perfektionisten. Wir widmen jedem Bereich große Aufmerksamkeit, jeder für sich. Man kann zwar sagen, der und der Bereich ist für mich zweitrangig. Aber für uns gilt, dass alle Bereiche mit gleich viel Liebe gemacht sind.
Habt ihr eigentlich von der „Szene“ Kritik bekommen als ihr mit 2Raumwohnung auf Tour gegangen seid?
Stankowski: Zum Glück nicht, damit hatten wir gar keine Schwierigkeiten.
Werle: Nee, gar nicht. Es gibt aber auch nicht unseren Durchschnittsfan, das ist ganz unterschiedlich. Wir sehen jetzt auf der Solotour auch immer wieder Leute, die eindeutig 2Raumwohnung-Publikum sind. Meistens erkennt man sie daran, dass sie etwas älter sind, 30, 35, zum Teil über 40. Mich macht das sogar ein wenig stolz, dass wir so ein weites Spektrum abstecken. Obwohl das alles, auch wenn es vielleicht so wirken mag, gar nicht geplant war. Wir haben uns nicht vorher zusammengesetzt und gesagt, wir sind jetzt ein geiles Popduo, greifen total viele Fangruppen ab und machen Kohle. Wir haben einfach angefangen, Musik zu machen.
Ihr werdet auch immer als so verdammt jung beschrieben. In Bezug auf 2Raumwohnung stimmt das zweifellos, aber ihr kommt mir jetzt gar nicht so jung vor!
Stankowski: Zweifelhaftes Kompliment!
Ich glaube, wir sind ungefähr gleichaltrig. Und momentan fühle ich mich oft total alt.
Stankowski: Wie alt bist du?
25.
Stankowski: Und du fühlst dich jetzt schon alt?
Ja, total!
Stankowski: Willkommen im Club!
Werle: Johannes hatte gestern Geburtstag.
Oh, wie alt sind wir denn geworden?
Stankowski: 27.
Oh, das ist alt.
(Gelächter) Das ist jetzt eure erste Solo-Tour! Und wie läuft es für euch?
Stankowski: Ziemlich anstrengend, aber auf Tour zu sein ist schon total geil! Die Leute kommen nur wegen uns und nicht wegen fucking 2raumwohnung oder Blackmail.
Welche Tour war besser, die mit Blackmail oder die mit 2Raumwohnung?
Stankowski: Blackmail! Definitiv. Bei 2raumwohnung war es eher so, als ob man mit einem kleinen Staat unterwegs wäre. Man ist einer der Abgeordneten und jeder macht so sein Ding. Bei Blackmail war einfach jeden Abend Kartenspielen, Rock’n’Roll, Saufen und alles mögliche Drumherum, angesagt. Das Gefühl war homogener.
Werle: Bei 2Raumwohnung gab es eben auch getrennte Backstagebereiche. Das kann man ihnen nicht vorwerfen, das ist bei solch einer Größenordnungen einfach so. Dadurch sind wir nie so an die ran gekommen, dass wir zusammen saßen und Bierchen getrunken hätten.
Stankowski: Aber man kann ja auch nicht sagen, dass wir das unbedingt gewollt hätten. Da war einfach von deren Vibe her klar: Ich bin hier die Prinzessin…
Werle (unterbricht ihn): Das würde ich so gar nicht sagen! Fand ich nicht! Die haben uns zum Beispiel mal ihr Hotelzimmer überlassen!
Stankowski: Ja, aber die Inga ist zum Beispiel schon drei Stunden vor dem Konzert durch den Backstagebereich mit so einem Allerweltssmile im Gesicht geschwebt und hat Yogaübungen gemacht. Also das war bei weitem nicht so gegroundet wie bei Blackmail.
Wie bereitet ihr euch denn vor?
Werle: Vorbereitungen macht nur der Johannes. Ich bereite mich eigentlich gar nicht vor. Ich sitze eigentlich nur rum und warte. Und esse. Und Johannes macht Sport. Yoga.
Aber ihr zwei geht euch nicht auf die Nerven, oder?
Stankowski: Nöö…
Werle: Ja, ach nöö, na, ’n bisschen bestimmt…
(Gelächter)
Werle+Stankowski
19.Mai 2007, Ilses Erika
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