Piratenflagge!

Das Universitätsorchester Leipig gibt Semesterkonzert mit Glass,Rachmaninov und Beethoven

Es ist wieder soweit, das Leipziger Universitätsorchesters gibt das Semesterkonzert. Dieses Mal mit einem bunt gemischten Programm: Glass, Rachmaninow und Beethoven. Es wird zum Ereignis!

Glass‘ Symphoniesatz von 1996 ist leider kein besonders originelles Werk. Die einst revolutionäre Kompositionstechnik der Minimal music ist zur bloßen Formel erstarrt, die blockhafte Kompositionsweise mit gegenläufigen, synkopischen Rhythmen lässt leider jede kleine Ungenauigkeit hörbar werden.

Aber sei’s drum, das Orchester findet sich sehr schnell wieder zusammen und das als große Steigerung angelegte Stück erweist sich als gute Konzerteröffnung, zumal wenn es wie hier mit einer gewissen Verve angegangen wird.

Zum Höhepunkt des Abends gerät, soviel sei vorweggenommen, Rachmaninows berühmt-berüchtigtes drittes Klavierkonzert. Es gilt als eines der schwersten Klavierkonzerte, wenn nicht das schwerste überhaupt. Allein die technische Beherrschung des Solistenparts ist bewundernswert, doch Amir Tebenikhin gelingt weitaus mehr als das. Das Wort „Technik“ vergisst völlig, wer eine solch souveräne Interpretation hört. Tebenikhin spielt das Stück nicht nur, er gestaltet es mit wundervoller Freiheit und Leichtigkeit auch an den virtuosesten Stellen. Das Klangspektrum reicht von der Samtpfote bis zur mächtigen Pranke, nicht aber zum Eisenhandschuh.

Das Schönste daran: das Orchester macht das alles mit! Obwohl es von Rachmaninow eine Nebenrolle zugedacht bekam. Unter dem einfühlsam-präzisen Dirigat von Juri Lebedev folgt das Uniorchester auch im Detail der Darstellung des Solisten, trägt ihn auf Händen. Allein der Streicherklang zu Beginn, ist atemberaubend; wie später zahlreiche herrlich gesangliche Holzbläsersoli und insbesondere auch der breite Pinsel, mit dem Solist und Orchester das hymnische Finale malen. Beglückende Momente!

Es bleibt mitreißend, auch nach der Pause mit Beethovens Siebter, in einer ungemein überzeugenden und lebhaften Deutung. Nur wenige Details, wie etwas lärmende Fortissimi oder verunglückte Scharnierstellen in den Mittelsätzen, rufen wieder ins Gedächtnis, das ein Laienorchester spielt, was man zwischenzeitlich ja vergessen konnte.

Doch solche Kleinigkeiten nimmt man gerne in Kauf, wenn die Gestaltung derart überzeugt. Jeder Satz nimmt an diesem Abend eine wunderbar charakteristische Färbung an, wie etwa der 2. Satz, der mit herrlich fahlem Streicherklang die häufig geäußerte Interpretation als Trauermarsch bestätigt und als Gegensatz dazu, als ein In paradisum, warme Holzbläserklänge im Trio bringt.

Dass die Zugabe zur Showeinlage wird, ist schon Tradition in den Uniorchesterkonzerten. Auf der Orgelempore wird die Totenkopfflagge gehisst und das Orchester gibt unter Kapitän Lebedev die Fluch der Karibik-Musik, natürlich mit Kopftüchern, Augenklappen und Ohrringen. Doch aufgepasst! Im Sturm drehen sich wild die Celli. Gut dass Rum an Bord ist! Salutierend segelt das Uniorchester fort und wir, das Publikum, verabschieden sie standesgemäß mit stehendem Beifall. Ein halbes Jahr werden sie wieder fort sein, bevor sie wieder ihren Heimathafen Gewandhaus anlaufen. Welche Schätze werden sie von Ihren Reisen mitbringen? Wir dürfen schon jetzt gespannt sein. Schiff ahoi!

Sinfonieorchesterkonzert

Philip Glass: Symphonie Nr. 4 Heroes, 6. Satz v2 Schneider
Sergei Rachmaninow: Klavierkonzert Nr. 3 d-Moll op. 30
Ludwig van Beethoven: Symphonie Nr. 7 A-Dur op. 92
Klavier: Amir Tebenikhin
Leipziger Universitätsorchester

17. Juni 2007, Gewandhaus, Großer Saal

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