Lieber mit dem Buch in die Vergangenheit reisen

Bildungsroman auf der Leinwand: „Kreuzzug in Jeans”

Kreuzzug in Jeans erzählt die Geschichte einer typischen Zeitreise: Der 15-jährige, egoistische Dolf (Joe Flyn) schickt sich selbst aus Versehen in das Jahr 1212, landet im Kinderkreuzzug und verliebt sich die junge Jenne (Stephanie Leonidas), eine treue Pilgerin. Er rettet die Kinder vor Krankheiten und Hunger, verändert sich zum Positiven und wird dadurch einerseits zum gefeierten Helden, andererseits vom bösen Pater Anselmus (Michael Culkin), der seine eigenen Pläne mit den Kindern hat, als Teufel beschimpft und schließlich in Gefangenschaft genommen.

Der Film beruht auf dem gleichnamigen Roman von Thea Beckmann, der in den Niederlanden zu den Klassikern der Jugendliteratur gehört und 1976 als „Bestes europäisches Jugendbuch“ ausgezeichnet wurde. Doch nicht nur das hätte den Film zum Erfolg machen können: Das Spannende an der Geschichte ist nicht die Zeitreise, sondern der Gegensatz zwischen dem Glauben der Kinder, dass sie mit ihrem Kreuzzug die Welt verbessern können und ihrer gleichzeitigen Grausamkeit, die sich gegen alle richtet, die ihren Kreuzzug in Gefahr bringen – sowohl zunächst gegen Dolf als auch gegen die erkrankten Kinder, die einfach am Wegesrand liegen gelassen werden. Dass der Kinderkreuzzug ein reales, historisches Ereignis darstellt, macht dies um so interessanter.

Leider behandelt der Film diesen Aspekt ebenso wie die Entwicklung der Charaktere nur oberflächlich. Selbst die eigentlich spannende Geschichte des Pater Anselmus, der die Kinder an Sklavenhändler verkaufen will, wird zu spät in die Handlung eingebaut. Erst gegen Ende des Kreuzzugs entdeckt Dolf die Machenschaften, so dass erst in den letzten Minuten des Films Spannung erzeugt wird. Vorher beschränkt der Film sich darauf, immer wieder das Gleiche zu zeigen: die guten Taten Dolfs, die zunächst nicht als solche erkannt werden, für die er aber gegen Ende das Vertrauen der Kinder und vor allem die Liebe Jennes gewinnt.

Regisseur Ben Sombogaart schafft es leider während der 130 Minuten nur selten, den Zuschauer in den Bann der realen Ereignisse des Kinderkreuzzugs zu ziehen. Auch bleibt die heilige Ausstrahlung des Nikolas, dem die Kinder als Art neuen Messias nach Jerusalem folgen, hinter dem blassen Gesicht von Robert Timmins verborgen. Es bleibt für den Zuschauer unerklärlich, warum die Kinder ihm gehorsam sind. Ebenso, wie es unerklärlich bleibt, wie dieser Kreuzzug begonnen hat, welches genaue Ziel er hat und warum Dolf plötzlich nicht mehr der egoistische Junge ist. Die spannende und viel versprechende Geschichte des Buches scheitert als Film an der Oberflächlichkeit der Charaktere und der spannungslosen Dramaturgie. Ein Film, der trotz seiner Altersbeschränkung ab 12 Jahren, wohl keine Jugendliche begeistern wird, sondern eher für Jüngere interessant ist.

Kreuzzug in Jeans

Regie: Ben Sombogaart
Mit: Joe Flynn, Stephanie Leonidas, Emily Watson, Michael Culkin u.a.
NL 2006 – 130 min.
Verleih: MFA Filmdistribution

Kinostart: 27. September 2007

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