Action, Herzschmerz und Ratatouille

Kochen wie Gott in Frankreich: „Ratatouille”

Remy will Koch werden. Dumm nur, dass er eine Ratte ist. Da sind Identitätsprobleme vorprogrammiert. Denn Papa Ratte wiederholt nur streng, dass Menschen böse seien. Basta. Also erstmal nix Pasta. Doch es wäre kein Disneyfilm, wenn diese Meinung nicht zumindest relativiert werden würde. Da das Leben einer Ratte durchaus turbulent ist, findet sich Remy schließlich doch alleine in Paris, der Stadt der feinen Küche, wieder. Die Idee, dass man seiner kreativen Leidenschaft gegen alle Widerstände folgen soll, ist der emotionaler Kern der Geschichte von Regisseur Brad Bird. Jeder Held braucht einen Freund und in diesem Fall ist der Sidekick weder Hund noch Pferd, sondern ein Mensch. Linguini heißt er, hat große Augen und aus der Perspektive vom kleinen Remy auch eine recht große Kartoffel von Nase, nur eben kein sonderlich ausgeprägtes Talent fürs Kochen. So kommt es, dass sich die ungleichen zwei zusammen tun, um gemeinsam das Fünfsternerestaurant „Gustau`s“ zu erobern.

Neben den Verfolgungsjagden zwischen Remy und dem katzenhaften Chefkoch durchs wunderschöne (animierte) Paris und Slapstick vom schlaksigem Teenager Linguini besticht dieser Disneyfilm vor allem durch das wunderbar sinnlich kreierte Essen. Da schwingen die Kochlöffel hin und her, dort hackt ein Messer im Akkord Kräuter und hier knirscht frisch ein Baguette. Das Magenknurren ist vorprogrammiert. Zudem in einer Zeit, wo man immer seltener selbst kocht. Gegen Ratatouille stinkt nicht nur ein olles Stück Käse ab. Ja, selbst der dumm-gute und verfressene Bruder von Remy spürt schließlich ein kleines Feuerwerk im Gaumen, als er mal etwas jenseits von Küchenmüll frisst – Entschuldigung isst. Denn wie es im Presseheft des Walt Disney Studios Motion Pictures heißt, geht es darum „die Wurzeln als Abfallfresser hinter sich lassen“.

Nach Monstern, Clownfisch Nemo und sprechenden Autos versucht Pixar, das erfolgreichste Animationsstudio (Pixar hat insgesamt bereits 20 Oscars gewonnen), nun Ratten als niedlich und zugleich realistisch zu verkaufen. Was in den Disney Anfängen mit der Maus geklappt hat, schaffen die Drehbuchautorinnen Emily Cook und Kathy Greenberg, die mit Ratatouille ihr Debüt geben, nun auch mit den verrufenen Ratten. Wenn Remy verzückt an einer Erdbeere schnuppert, muss man dieses kleine Nagetier einfach lieb haben. Zudem wäscht es sich die Hände, geht aufrecht, lernt Lesen (Kochbücher) und träumt vom sozialen wie kulturellen Aufstieg. Ja, diese Ratte ist nicht nur süß, sie ist auch politisch korrekt: „Ich will nicht stehlen!“, heult sie ihrer Sippe die Ohren voll. Das finden Filmverleiher natürlich toll. Kein Wunder, dass es auch einen Anti-Raubkopierer-Kinospott mit dem sauberen Nager gibt.

Für die Filmmusik ist Michael Giacchino verantwortlich, bekannt für die Soundtracks des Kinofilms Die Unglaublichen, der TV-Serie Lost oder des Computerspiels Call of Duty. Auch Remy gibt es, wie man auf der Leipziger Games Convetion sehen durfte, schon als Konsolenhelden. Selbst Essen zusammenzutragen, rumwuseln und spielen, das macht vielleicht sogar noch mehr Spaß, als dabei im Kino zuzusehen. Und zu einer digitalen Ratte als Haustier kann auch die besorgteste Mutter nicht nein sagen, solange sie nichts gegen Merchandising von Medienriesen hat.

Ratatouille
Regie & Drehbuch: Brad Bird
USA 2006 – 118 min.
Disney/Pixar
Kinostart: 3. Oktober 2007
www.movie.de

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