Geld oder Liebe? „Der Tod liegt in der Luft” verhandelt Existenzielles (Tobias Prüwer)

Der Tod liegt in der Luft
Eine Tragikomödie in zwei Akten
Nach Motiven aus Richard Dressers Something in the Air
Mit: Thomas Deubel, Hendrik Brause, Sabrina Weidner, Katrin Füchsel & Elisa Jentsch
Regie: Danilo Riedl
Assistenz: Annett Goldmann
Premiere: 18. Oktober 2007
www.cammerspiele.de


Geld oder Liebe? Die Cammerspiele zeigen Der Tod liegt in der Luft

Du wirst krank, sagte C., weil du nicht davon loskommst. Wovon? Von meiner Hoffnung. „Was erwartest du dir von dieser Gesellschaft?“ Und von mir, von mir in ihr
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Absolut sichere Geschäftsmodelle gibt es nicht. Ein Restrisiko bleibt immer. Das muss auch der Protagonist in Der Tod liegt in der Luft erfahren. Mit dem Stück feierten die Connewitzer Cammerspiele bereits ihre zweite Premiere der neu angelaufenen Spielzeit, die unter dem Motto steht: „Leben verlieren – Leben gewinnen.“

Existenzieller Gewinn und Verlust sind in diesem Stück das zentrale Thema: Nichts Geringeres als ein Leben steht auf dem Spiel. Cram (Hendrik Brause) ist todkrank und derart mittellos, dass er nicht einmal seine Miete bezahlen kann. Walker (Thomas Deubel) hingegen verfügt noch über einen größeren Notgroschen und ist auf der Suche nach einer profitablen Investitionsmöglichkeit, die seine monetären Sorgen ein für alle Mal löst. Der windige Finanzanalyst Neville (Sabrina Weidner) – „Geldregen ist mein Lieblingswetter!“ – bringt beide zusammen zur ultimativen Win-Win-Situation. Sein Vorschlag: Walker übernimmt die laufenden Kosten Crams, verhilft diesem somit zu einem einigermaßen würdevollen Ende und kassiert danach im Gegenzug dessen Lebensversicherung. Trotz ethischer Bedenken scheint dass ein todsicherer Businessplan. Wenn denn der Schwerkranke endlich das Zeitliche segnen würde. Und wie so oft im Theater gesellt sich Eros zu Tanathos, mischen sich die undurchsichtige Schönheit Sloane (Katrin Füchsel) und die von egoistischem Altruismus getriebene Krankenschwester Holloway (Elisa Jentsch) ins makabre Spiel.

Inspiriert durch Richard Dressers Something in the Air ist das Stück textlich wie dramaturgisch solide ausgearbeitet, auch wenn der dargestellte Gegensatz von Geld oder Liebe zu schablonenhaft wirkt. Mit einigen treffsicheren Pointen gewürzt und einem Hauch des Absurden garniert, fügt sich die Inszenierung sehr gut in die Connewitzer Wohnzimmerverhältnisse. Das ist ja schließlich das Reizvolle an den Cammerspielen: Die Nähe zwischen Publikum und Schauspielenden. Es gibt keine Trennung von Bühnenraum und Zuschauerrängen, was in dieser Aufführung durch eine sehr helle Beleuchtung unterstrichen wird. Das schafft etwas sehr Intimes, ermöglicht aber auch den genauen Blick. Und unter diesem offenbarten sich einige Mängel. Für ein Sprechtheater, in welchem besonders die Zwischentöne zählen, wurde schlichtweg zu oft herum geschriehen und eher grundlos die Stimme zum Flimmerhärchensturm erhoben. Und das manchmal fast hysterische Gezeter verstärkend, kam zusätzlich ein übertriebenes, hektisches Gestikulieren zum Einsatz. Auch die rezitatorischen Schnitzer von Thomas Deubel fallen in solchem Umfeld besonders negativ ins Gewicht. Das mag mit der Premierenaufregung erklärt werden, unschön ist es dennoch. Diese Unzulänglichkeiten gaben der Aufführung etwas Unfertiges, das die zu lobende schauspielerische Leistung von Sabrina Weidner und Hendrik Brause zwar aufheben konnte. Diese war zugleich aber Exempel dessen, was auch möglich ist. So möchte man der Inszenierung noch einige intensive Proben wünschen, damit sie im Laufe der Spielzeit zu etwas Ganzem gereift.

(Tobias Prüwer)

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