Szenischer Stadtteilspaziergang: „Movements of Lindenau” (René Seyfarth)

Movements of Lindenau
LOFFT
Choreografie: Diana Wesser
Tanz: Hermann Heisig
Premiere: 4. November 2007
www.lofft.de


Lindenau am Boden

Zu welchen Bewegungen die vorgefundenen Räume und Strukturen des Stadtteils Lindenau einladen, wollten die Künstlerin Diana Wesser und der Tänzer Hermann Heisig gemeinsam herausfinden. Bei den dabei durchgeführten Spaziergängen muss die beiden ein tiefes Gefühl der Niedergeschlagenheit ereilt haben, denn wenn überhaupt etwas passiert, so ist es ein unbequemes Kullern im Gestrüpp, ein immer wiederkehrendes Ausholen, Scheitern und Stürzen, zahlreiche Tritte ins Leere und dazwischen doch immer wieder ausgedehnte Ruhephasen. Man könnte auch sagen: simple Ereignislosigkeit. Da dieses Ausbleiben von Jubel und Trubel dem Stadtteil eigen zu sein scheint, füllt man die entstehenden Lücken mit eigenen Aktionen. Polterndes Hüpfen im Schuttcontainer, stilles Springen an stillen Ecken, Rasenübungen oder einfach mal bei den Jungs am Biereck vorbeischauen und ein Zigarettchen rauchen.

Die als Performance angelegten Bewegungsabläufe in der Öffentlichkeit oder zumindest im Freien wurden filmisch dokumentiert und in die Theateraufführung als Video- und Tonspuren integriert. Dabei wurden die Bewegungen vom Leinwandbild vom Tänzer vorweggenommen oder nachgeahmt, eine Dialogsituation zwischen Aufgezeichnetem und Aufgeführtem sollte hergestellt werden. Dabei ergeben sich teilweise spannungsvolle und einfallsreiche Bilder, manchmal aber auch nur leere Bilder des Schabernackens und Experimentierens, die wohl ironisch gedacht waren. Dabei drängt sich teilweise der Eindruck auf, dass sich mehr über Situationen lustig gemacht wurde denn mit ihnen auseinandergesetzt. Die angerissenen Momente der Interaktion waren kurz gehalten, man fixierte sich vielmehr geradezu manisch auf Leerstand, Verfall und Brachen. Das gibt es ausreichend, ja. Um das herauszufinden, bedarf es allerdings keiner großen Spitzfindigkeit. Dementsprechend ist das Ergebnis auch nur ein schwaches Weichbild, das Facettenreichtum vermissen lässt. Die Düsternis der anbrechenden Georg-Schwarz-Straße, die enge Monotonie der alten Arbeitermietshäuser, die zahllosen Büdchen, Imbisse und Billigkneipen, dazu der Kontrast zu Galerienchic und den gar nicht so wenigen Kultureinrichtungen,?

Es ist nicht verwerflich, ungerecht oder selektiv zu sein, noch dazu bei einem Abstraktum wie einem Stadtteil, aber es ist bedauerlich, wenn das Ergebnis dessen nur einen Nachhall von Fadheit hinterlässt. Sicherlich sind sowohl der Choreographin wie dem Tänzer einige ansehnliche Kunstgriffe gelungen, und lässt es sich auch nicht der Vorwurf der Ideenlosigkeit machen. Für ein gut 70minütiges Stück reicht es hingegen nicht – dafür fehlt es sowohl an Stimmigkeit, wie auch an Stimmung. Schade.

(René Seyfarth)

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