„Astronaut Farmer” von Michael Polish
Saß mal ein Mann in Texas auf einer Farm (Billy Bob Thornton) und baute eine Rakete. Um damit ins Weltall zu fliegen. War aber nur ein Böller. Ein Fall tragischer Selbstüberschätzung, das alte Motiv der Hybris. Wie sollen jetzt seine treusorgende Frau (Virginia Madsen), sein mannwerdender Sohn Shepard -!- (Max Thieriot) und die beiden supersüßen blonden Töchter (Regie-Verwandschaft) nur zurechtkommen ohne Daddy? Es entspinnt sich ein packendes Sozialdrama um Halbwaisen in Texas, wobei alles nur noch schlimmer wird, als Shepard auch noch an einer seltenen Krankheit?
Halt nein, das sind ganz andere Klischees. Dieser Film handelt von Träumen, die man verfolgt, die ein Mann verfolgt (Folge deinem Traum!). Damit stünde er ziemlich allein da, denn alle in der kleinen Stadt (der spießigen ~) halten ihn für einen Freak, mit seinem verrückten Traum vom Start ins Orbit (Space is the place). Doch er hat ja seine Familie (My home is my castle) – seine wunderschöne Frau, die auch in schwierigen Zeiten zu ihm steht (durch dick und dünn) und seine wunderbaren Kinder, die mit bezaubernder Naivität ihren Vater verehren (My heart belongs to daddy), weil er einen Traum hat (Folge deinem Traum!). Als die (irgendwie bösen) Medien davon Wind bekommen, wittern sie eine Geschichte vom amerikanischen Traum und einem freien Bürger, der nur seinen Traum verwirklichen will. Was man bislang jedoch nur ahnte, sich jedoch bald aus der komplexen Handlung herauspellt: Charles Farmer hat noch einen unbewältigten Vaterkomplex (My heart belongs to daddy), da dieser einfach so wegstarb und nichts als Schulden hinterließ (Papa was a rolling stone). Aufgrund dessen brach er seine exzellente Karriere als Astrophysiker ab und stellte sich der Verantwortung und dem Schuldenberg auf der familiären Farm (Home is where the heart is). Da sein Raketenprojekt jedoch auch recht kostspielig ist ($$$), hat er den Schuldenberg nicht abgetragen, sondern verdoppelt. Folgerichtig setzt er sich in seine Rakete und plardauzt mitten durch den Medienzirkus vor seinem Haus (auch schlechte PR ist gute PR) direkt ins Koma. Danach könnte auch noch sein tapferer Sohn krank werden, aber er wird gesund (Opa stirbt dafür). Also insgesamt alles sehr schwierig, auf einer Farm in Texas Raketen zu bauen und Träumen zu folgen. Aber: Maybe there is hope! We can make it if we try!
Wer Stereotiefensuggestion mag, wird in diesem anschaulichen Lehrfilm amerikanischer Klischees und Mythen völlig auf seine Kosten kommen. Aus dem Kino herausschießen wie eine Kurzschlussrakete und nach Schnaps brüllen (Oh show me the way to next whisky bar/ no don’t ask why!). Dabei habe ich das Ende noch nicht einmal verraten (schlimmer geht immer).
Astronaut Farmer
R: Michael Polish
Mit: Billy Bob Thornton, Virginia Madsen, Bruce Dern, Bruce Willis u.a.
USA 2006 – 104 min.
Verleih: Koch Media
Kinostart: 27. Dezember 2007
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