Grüße, Glückwünsche und Küsse zum Freuentag – nee – Frauentag!

Was bringt der Frauentag eigentlich?

Am 08. März ist Internationaler Frauentag. Leider fällt der nicht wie der Männertag auf einen Feiertag. Schade eigentlich. Saufend in Scharen durch die Gegend laufen und die Männer müssten mal alle zuhause bleiben. Den Hausarrest könnten sie dann gleich zum Wohnungsputzen nutzen, die Wohnung hätte es zumindest nötig, seitdem die Frau das nicht mehr macht… Aber immerhin kann man sich ja mal kurz besinnen: Internationaler Frauentag. Wo ist die Demo oder wenigstens die Party? Scheint für meine Generation anscheinend nicht so die Rolle zu spielen. Warum eigentlich nicht? Weil es so altbacken und vertrocknet wirkt, wenn man sich über den alltäglichen Sexismus aufregt? Männern als auch Frauen wird da meistens nur genervt und resigniert abgewunken. Aber am 08. März sollte man das schon mal machen dürfen.

Die öffentliche Frau

Anne Will ist also lesbisch. Das ist irgendwie schade, und damit meine ich nicht die Will als Person, sondern eben in ihrer gesellschaftlichen Stellung, weil das nun wieder keine „normale“ Frau ist, die da so etwas hat wie Einfluss. Angela Merkel zum Beispiel ist auch nicht typisch. Sie ist bekanntlich Physikerin, das sind nun wahrlich die wenigsten. Ypsilanti ist da schon eher so `ne klassisch-typische Frau: Erst war sie Sekretärin, dann Stewardess und hat schließlich Soziologie studiert. Oder noch besser: Ursula von der Leyen. Die hat ihr Abi mit 1,0 gemacht, und da war sie erst 17. Hat dann später Medizin studiert, sieben Kinder bekommen und ist zurzeit Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. Uiuiui, das ist dann ja auch schon wieder zu viel und zu potent. Tröstlich für mich, dass die Frau reich ist und sich sicher die ein oder andere Haushaltshilfe leistet. Alice Schwarzer, die sich leider mit ihrer Bildwerbung ins Aus katapultiert hat, gibt ihren Posten bei der EMMA-Redaktion auf. Äh, hat die schon mal jemand gelesen?

Wo sind denn die ganzen Abiturientinnen, wo sind die ganzen Mädchen, die so viel besser sein sollen als ihre männlichen Mitstreiter? In den Führungsetagen sitzen sie bekanntlich nicht und die Mädchen an den Unis studieren fast alle so einen für Machtpositionen unrelevanten Quatsch wie Kunstpädagogik, Ethnologie oder irgendwas auf Lehramt. Das ist nicht böse gemeint. Ich werde ja selbst zu den Müttern gehören, die zum Einschlafen Heidegger vorlesen und die versuchen, Kirkegaards Entweder-Oder-Prinzip beim Verteilen der rationalisierten Süßigkeiten anzuwenden. Eva Herman wiederum hat geschafft, dass ich mich ständig selber hinterfrage: Wie spießig heterosexuell genormt bin ich denn, ich und meine Wünsche und im schlimmsten Fall sogar mein Freund? Also mein Freund, nicht mein Mann. Obwohl Heiraten ja auch wieder voll im Trend ist…

Aber Eva Herman ist ja zum Glück weg vom Fenster. Ist auch gut so. Manche Frauen sollten einfach mal die Klappe halten. Wobei sich das selbstverständlich nicht nur auf die Frauen beschränkt. Kurt Beck zum Beispiel oder Udo Jürgens, Edmund Stoiber und vor allem Thomas Gottschalk. Nee, im Vergleich zu Frauen dürfen Männer ungestraft viel mehr Müll in der Öffentlichkeit reden. Und wie oft die ihre Kinder sehen, fragt auch keiner.

Na ja, zumindest unsere deutsche Vorzeige-Popfeministin Charlotte Roche hat ein neues Buch veröffentlicht, worin es wohl irgendwie um die Rückgewinnung der eigenen weiblichen Körperlichkeit in all ihrer Natürlichkeit geht. Sehr schön. Lesen werde ich es wohl nicht, ich finde Schorf, Popel und andere Körperflüssigkeiten nicht so toll. Aber der Ansatz ist super.

Der Sexismus, das hässliche Biest

Die Werbung ist sexistisch und basta. Angeblich geht nämlich mediale nackte weibliche Haut direkt ins Belohnungszentrum des Mannes. Ist egal, dass mediale nackte weibliche Haut bei mir direkt ins Beleidigungszentrum geht. Nacktfotos von Simone de Beauvoir zum Beispiel. Was für eine posthume Demütigung. Die hätten man auch direkt auf Simone de Beauvoirs Grab pissen können!

Oder Germanys next Topmodel: Da darf doch tatsächlich ein Model Urteile fällen über andere Frauen. Aber nun gut, die tun sich untereinander ja nicht viel, diese Frauen. Und dann heißt es doch tatsächlich: „diesmal mit klarer Absage an Magermodels“. Na toll, erst züchtet sich die Modeindustrie ihre Size-Zero-Mädels heran, um sie dann als krank zu stigmatisieren. Rundungen sollen wieder her, damit endlich auch der Mann auf der Straße wieder Spaß an Models hat. Juhuu.

Wieder anderes Thema, eines meiner liebsten: die Popkultur. Aber ich sag es sofort: Da darf man auf keinen Fall mit einem feministischen oder wenigsten gegenderten Blick drauf gucken. Im Pop sind die Frauen entweder blond und vollbusig, exotisch-geheimnisvoll oder süß-naiv. In der Popkultur ist es ein wenig weniger schlimm. Aber auch hier sollte man nicht zu viel erwarten. Coco Rosie zum Beispiel sind nur so toll, weil sie so verdammt durchgeknallt sind. Aber sei mal wie die in deiner alltäglichen Realität… Und dann immer diese naiven Indie-Jungs, die doch tatsächlich glauben, dass ihre Art von Musik keinen bösen Strukturen unterliegt. Sexismus sei ein hässliches Biest, das es nur in den Medien gibt. Und deshalb muss man doch noch mal extra auf Musik von Frauen hinweisen, weil sie gute Musik ist, die es verdient hat, unabhängig vom Geschlecht ihrer Macherinnen gehört zu werden: Hanne Hukkelberg, Anna Ternheim, Bernadette La Hengst, Emiliana Torrini, Dresden Dolls, Feist, Kimya Dawson, Roisin Murphy und so weiter und so fort. Eine wilde Mischung? Ja, genau.

Nicht zu vergessen: das neue Cat-Power-Album. Darauf covert sie einen der größten Machos der alten Riege und der gesamten Musikindustrie, wenn man die HipHopper mal beiseite lässt: Frank Sinatra. Und es ist wunderschön.

Das Thema Sexualität lass ich mal außen vor. Auch wenn ich mir oft Sorgen mache um „die Jugend von heute“. Wie sollen die denn, sozialisiert durch Softporno-Musikvideos, eine normale Sexualität entwickeln? Da muss doch immer so etwas wie Ungenügen und Enttäuschung mitschwingen, weil die Realität so wenig den medialen Bildern gleicht.

Müssen Frauen entweder wie die unglaublich dummen Sex-and-the-City-Mädels und damit harmlos sein oder werden sie nur mit einem Physikstudium zu Machtpositionen zugelassen?

So, genug der müßigen Reflexionen! Ich muss mich jetzt fertig machen, um mit meinen Freundinnen saufend mit den Bollerwagen durch die Gegend zu laufen und an jeden zweiten Baum zu pissen! Internationaler Frauentag sei dank!

Internationaler Frauentag
www.plastikmaedchen.net
www.femalehiphop.net
Bild: www.aberdeen-posters.tk

Mehr zur Debatte:

09.03.2008
EMMA-Bashing: Sex zum Frauentag (Franziska Reif)

08.03.2008
Post zum Fest oder „Wer liest eigentlich die EMMA?“ (Juliette Kaiser)

Ein Kommentar anzeigen

  1. 09. März 2008

    What’s all this guys- and gals-talk about?

    ‚Male‘ and ‚female‘ are categories imposing power on each human being. These predicates reinforce a binary view of gender relations in which individuals are divided into two clear-cut groups. There are views holding that gender is determined and one’s belonging in one group is inevitable. But gender is not caused by sex or other biological properties. Proposals that ‚men don’t listen and women cannot read maps‘ are just hilarious claims (but still effective in shaping public opinion) of pseudo-scientists such as Pease and Pease. All they can offer is populism and the only thing they show as ‚proof‘ is conditioned behaviour. Evidently men who are told and raised to behave as whatever is thought to be ‚masculine‘ (’strong‘, ‚unemotional‘, ‚leading‘ and ’strong willed‘) are unlikely to act differently. But such characteristics are not inherent in one’s gender. This categorization is just another way of discrimination by defining identity by force of binary vocabulary. This approach is as arbitrary as it would be to divide society into those wearing glasses and those who do not.

    Far from being a genetic disposition gender is socially constructed. There are no essential properties existing. These are merely concepts of language brought by tradition to capture ‚practical‘ categories of discrimination. That allocation of roles (treating women as domestic animals while men are out for hunt) is done by upbringing, education and processes of standardization within society. We are caught within expectations of our milieu and are formed by these. But roles of gender can be changed. Nobody is just ‚male‘ or ‚female‘. Only due to the power of concepts society is still shaped by and is veiling these arbitrary allocations, instead of opening up possibilities for persons to form and choose their own individual identity. As long as the tale of the lovely princess who has to wait for rescue by a brave knight is told girls will play with dolls and boys with cars, and the predominant sexual preference is described as ‚heterosexual‘ (a term that shows all the discriminating power a concept can have).

    But gender-politics should be about diversity. Because there are no fixed interpretations that one interpretation forced upon each person by society can be overcome. Identity can potentially be re-invented by its owner. Gender should not be regarded as static but as performative. It is about representation and interpretation. Gender is constituted and defined by the way each individual lives, by its own life-form. Gender-performance means self-interpretation. It is a transgression of limits while defining one’s self by one’s own terms.

    Step out of Barbie’s and Ken’s world.

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