Funpunker meets Sprechsänger

Bela B. und Thomas D. verheben sich an ihrer Hörbuchversion von „Faust“

Hören möchten wir am liebsten, was wir gar nicht glauben können…
J.W. Goethe: Faust. Der Tragödie zweiter Teil

Wenn zwei sich streiten, leiden Dritte. – Faust-Adaptionen sind so zahlreich wie es historische Stätten gibt, die mit dem (vermeintlichen) Aufenthalt des Dichterfürsten werben. „Das können wir auch,“ dachten sich die Musiker Thomas D. (Die Fantastischen Vier) und Bela B. (Die Ärzte) und veranstalteten einen Hördialog, bei man mit Gretchen ins Horn stoßen möchte: „Mir graut’s vor Dir!“

Es mag am anhaltenden Publikumsinteresse liegen, welches das Duo zum Rezitieren des sicherlich populärsten Goethewerks (Bearbeitung: Peter Geyer und Florian Fickel) bewogen hat. Ein solches Hörbuch darf sicherlich in keiner Fan-Sammlung fehlen und Popkultur, die sich an Klassikern abarbeitet, wirkt ja immer irgendwie gewagt. Es hätte ein schönes Projekt werden können. Denn die Idee, den Stoff auf die Wortgefechte der beiden Hauptpersonen zu reduzieren, hat – obwohl mäßig originell – ihren Reiz. Wenn man für den rastlosen, forschungseifrigen Gelehrten Faust und den spitzbübischen und -findigen Teufel Mephistopheles nur geeignete Sprecher gefunden hätte. B. und D. sind dies jedenfalls nicht und verleihen in radebrechender Rhetorik dem eigentlich lebendigen Knittelvers durch angestrengt gestelzten Vortrag eine gräuliche Künstlichkeit. Dieser erweist sich obendrein als unsauber eingesprochen, wenn sich beispielsweise Fausts Reaktion auf des Pudels Kern anhört wie „ein fahrendes Scholast“. Das hölzerne Korsett lockert auch B.’s mit Klampfe eingesungenes Mephisto’s Schlaflied wenig und selbst der modische wie falsche Apostroph hat nichts Lässiges.

Mephistopeles sei, so B., ein „Vorbild für jeden Rockstar“: „Mephisto ist der größte Manipulator der Weltliteratur, größer auch als Machiavelli.“ Gewiss. Und Der Fürst poesiekundiger als Goethe. Über letzteren ist sich D. sicher, dass er heutzutage Faust als Rap geschrieben hätte. Bei soviel Gedankenlosigkeit kann man froh sein, wenn die Adaption wenigstens einigen jüngeren Hörern den goethischen Klassiker ans Herz trägt, und hoffen, dass die CD als pädagogische Maßnahme fruchtet. Eine solche Medizin schmeckt bekanntlich selten. Wenn sie einem den Faust derart aufs Auge drücken, besser: um die Ohren hauen, bleibt ansonsten nur der fromme Wunsch: Schuster bleibt bei Euren Leisten!

Thomas D. vs. Bela B.: Faust vs. Mephisto
Ein Sprachduell frei nach Johann Wolfgang von Goethe
Deutsche Grammophon / Universal Music
Berlin – 2004
62 min. – 11,95 €
www.dg-literatur.de

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