Die Zukunft der Arbeit zum Durchblättern

„Der 100.000 Euro Job“: Der Sammelband will Wegweiser und Ideengeber für die Zukunft der Arbeit sein

Dieses Buch verspricht einiges, hält aber leider nur wenig. Heißt es zwar im Einleitungstext „Wieso, Weshalb, Warum“, dass das Buch Wegweiser ist und Gedankenanstöße gibt zum Umgang mit Arbeit, die einen auch glücklich machen kann, so ist es eigentlich nur die Dokumentation der 47 Projekte (vier Projekte davon in bzw. aus Leipzig), die im Rahmen des „100.000 Euro Job“-Initiativprojekts der Kulturstiftung des Bundes präsentiert und realisiert wurden. Dabei wurden Jugendliche dazu aufgefordert, sich mit der Frage nach der Bedeutung und Stellung von Arbeit in ihrem Leben und ihrer Zukunft auseinander zu setzen. 100.000 Euro standen dafür in einem Selbstförderungsfond zur Verfügung, durch welchen die Teilnehmenden selbst über die Verteilung des Geldes und damit über die Förderungswürdigkeit der einzelnen Projekte entschieden.

Leider wird im Buch nicht verraten, wie die Jugendlichen die jeweiligen Projekte, die einzeln mehr oder wenig ausführlich vorgestellt werden, beurteilt und gefördert haben. Diese Bewertung hätte höchstwahrscheinlich mehr über das Verständnis, die Auffassung und Bewertung von Arbeit ausgesagt als zum Beispiel die meist völlig belanglosen Kommentare des Comic-Hasen Supatopcheckerbunny. Auch die ästhetische Aufmachung des Buches (beziehungsweise des Heftes) lässt zu wünschen übrig, wirkt es doch all zu sehr für den Gebrauch in Schulen gemacht und eben von der Kulturförderung des Bundes herausgegeben.

Interessant sind deshalb auch bis auf wenige Projekte (besonders gelungen: die Mut-Mach-Maschinen) vor allem die literarischen Zwischentexte von Frederic Valin, die Das-erste-Mal-Berichte von deutschen „Berühmtheiten“ wie Markus Kafka, die von ihrem ersten bezahlten Job erzählen, der Comic des Zeichners Flik und Jörn Morisses „Wovon lebst du?“. Besonders bemerkenswert ist die Gegenüberstellung von Holm Friebes Digitale-Boheme-Hype-Text und Mercedes Bunz‘ „Meine Armut kotzt mich an!“. Bunz wirkt neben Friebes Selbstausbeutung-ist-meine-Freiheit-Pathos weitaus ehrlicher, reflektierter und gnadenloser (allerdings auch pessimistischer), wenn sie beschreibt, dass sie es satt hat, sich wie ein urbaner Penner zu fühlen in der Stadt Berlin, die die Masse der digitalen Bohemiens nicht ernähren kann.

Ist die Lektüre an manchen Stellen sowohl interessant als auch amüsant, wirken das Buch, manche Präsentationen der Projekte und einige Beiträge etwas dilettantisch. Auch die Bezeichnung „Jugendliche“ für 20 bis 26jährige lässt diese als seltsam unreif, unfertig und unmündig erscheinen. Doch genau diese Attribute treffen gerade nicht auf die Digitale Boheme und die Creative Class zu, zeichnen sich diese jungen Menschen doch unter anderem durch ihre qualitativ hochwertige Kreativität im Umgang mit Zeit und Geld (beides knapp), den eigenen Wünschen, Vorstellungen und Talenten (von allem reichlich) aus. Hätte der Anspruch bestanden, die einzelnen Projekte angemessen vorzustellen, zu dokumentieren und zu kommentieren, wäre dem „100.000 Euro Job“ besser gedient gewesen als etwa mit seinem Untertitel „Nützliche und neue Ansichten zur Arbeit“. Ein nettes Durchblätter-Buch, welches seinen eigenen Ansprüchen leider nicht gewachsen ist.

Sebastian Sooth (Hrsg.): Der 100.000 Euro Job. Nützliche und neue Ansichten zur Arbeit
Berlin – 2008
Verbrecher Verlag
232 S. – 13,00 €
www.verbrecherei.de

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