Fokus auf Handwerk

Die Preisträger/innen der Grassimesse

Bereits eine halbe Stunde vor Beginn der Preisverleihung war das Foyer des Grassimuseums zum Bersten gefüllt: Kunsthandwerk hat Ereigniswert. Um den handwerklichen Aspekt ging es vor allem auch in dem Vortrag des Jurymitglieds Liesbeth den Besten, welche über die Design-Ausbildung in den Niederlanden sprach. Dort ist – im Gegensatz zu den deutschen Kunsthochschulen – die handwerkliche und die künstlerische Ausbildung bis auf eine Ausnahme voneinander getrennt. Dies sei für die Weiterentwicklung des niederländischen Designs nicht von Vorteil gewesen, wenngleich auch mittlerweile eine langsame Abkehr von der eher Konzept- und Management-Orientierung unter den Designer/innen festzustellen sei. Trotzdem seien diese nach wie vor wesentlich stärker auf die Zusammenarbeit mit Handwerker/innen angewiesen, was in Deutschland, so den Besten, nicht in diesem Maße erforderlich sei, da hier „mehr Wert auf Tradition und Geschichte gelegt“ werde als in den Niederlanden. Dies führe zu hervorragenden künstlerischen Leistungen in Verbindung mit technischer Präzision in Personalunion.

Die prämierten Arbeiten zeugten jeweils von diesem hohen Niveau auf beiden Ebenen. Dabei schlug sich die zahlenmäßig weite Überlegenheit der Schmuckdesigner/innen auch in der Zusammensetzung der Preisträger/innen ab. Diese auffällige Mehrheit wurde vor allem damit begründet, dass andere Bereiche des Designs wie z.B. Mode oder Keramik häufig an ein Material gebunden seien, wohingegen bei der Gestaltung von Schmuck eine Vielzahl von Materialien verwendet werden könne. Das dem so ist, war sowohl auf der Grassimesse als auch bei den Designers Open augenfällig: kaum etwas, was nicht als Schmuck herangezogen wurde.

Umso größer war die Überraschung bei der Verleihung des Preises an Antje Dienstbir aus Wiesbaden (Bild 1), denn diese widmet sich seit Jahren lediglich einem Material – Silber – und beinahe schon bizarr: auch nur einem Gegenstand, dem Löffel. „Die Intention meiner Arbeit ist, dem Löffel als Form nachzugehen, nicht der Funktion eines Löffels als Essgerät gerecht zu werden.“ Von dieser Jury-Entscheidung war die Löffelschmiedin selbst sichtlich überrascht. Noch am Vortag äußerte sie mit Blick auf die Qualität der Konkurrenz ihre Skepsis in dem Satz „Wenn ich hier’n Preis bekomme, dann setz‘ ich mir ne Krone auf.“ Ob sie in eine solche nun das Preisgeld von immerhin 3000 Euro investieren wolle und damit auch gleichzeitig eine der zahlreichen Schmuckdesigner/innen fördern wolle, machte sie bislang nicht bekannt.

Weitere 2000 Euro erhielten der Porzellandesigner südkoreanischer Herkunft Kap-Sun Hwang (Bild 2) und die Schmuckdesignerinnen Margit Jäschke aus Halle (Bild 3) und Isabell Schaub aus Hildesheim (Bild 4). Letztere erschafft außerordentlich feingliedrige Schmuckstücke wie „Drahtskulpturen“, die gleichsam als „Geschichtenerzähler“ fungieren sollen, was unter anderem durch die Einarbeitung von blassen Fotografien geschieht. Jäschkes Arbeiten überzeugen dagegen vor allem durch die spannungsreiche Beziehung zwischen einem schroffen Gesamtbild und den filigranen Details.

Preisverleihung der Grassimesse
Grassimuseum Pfeilerhalle
24. Oktober 2008

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