Das Leipziger Vocalensemble in Bestform

Benefizkonzert für das Begegnungszentrum der israelitischen Religionsgemeinde Leipzig

Ein wirklich gutes Benefizkonzert konnte man 15. November in der Nikolaikirche erleben. Zugunsten des neuen Begegnungszentrums der israelitischen Religionsgemeinde Leipzig bot das Leipziger Vocalensemble ein für die Mitwirkenden sehr anspruchsvolles und für das Publikum zugleich sehr ansprechendes Programm moderner geistlicher Chormusik. Mit Ausnahme Leoš Janáceks waren darin ausschließlich nach 1910 geborene, teils unbekanntere, teils bekanntere, aber selten gespielte Komponisten aus Frankreich, Ungarn und den USA vertreten.

Das A-cappella-Stück i thank You God for most this amazing day aus den Three Songs of Faith von Eric Whitacre eröffnete den Konzertabend. Einfallsreicher Tonsatz und englische Sentimentalität halten sich in der überwiegend homophon gehaltenen Musik zu E.E. Cummings Gedichtzeilen zum Glück die Waage. Gleiches gilt für Samuel Barbers spätere Chorfassung seines berühmten Streicher-Adagios und die kaum drei Jahre alte Messe von Randall Svane. Barbers lyrische auf- und absteigenden Sekundbögen kommen in der Chorfassung wunderbar zur Geltung. Das dem Jazz verschriebene Orgelstück Mozart Changes war leider das schwächste des Abends und wollte sich auch nicht so recht in die ansonsten stimmige Konzertdramaturgie fügen. An Michael Riedels Spiel gab es aber nichts auszusetzen, mit den wunderbaren Stücken Le jardin suspendu und Litanies des im Zweiten Weltkrieg gefallenen französischen Organisten Jehan Alains hinterließ er seine Visitenkarte und überzeugte im weiteren Verlauf als verlässlicher Begleiter des Chores.

Das Leipziger Vocalensemble demonstrierte weichen, ausgeglichenen Chorklang, zeigte ein breites dynamisches Spektrum, sang rhythmisch präzise und hielt die hohe Konzentration den gesamten Abend. Dass der Sopran anfangs ein wenig zu tief intonierte, geriet schnell in Vergessenheit. Kontinuierliche, sorgfältige Probenarbeit scheint sich eben auszuzahlen.

Die Aufführung von Janáceks origineller Kantate Otce náš in tschechischer Sprache war der erste Höhepunkt des Abends. Nico Eckert sang herzerfrischend und richtig mährisch – und hätte deshalb ein zu starkes Vibrato gar nicht nötig gehabt. Nach dem kräftezehrenden Dressurakt und der mächtigen Wirkung des Werks hätte Philipp Amelung sicher eine Verschnaufpause gebrauchen können. Den krönenden Abschluss der Benefiz-Aktion bildeten natürlich die 1965 entstandenen Chichester Psalms von Leonard Bernstein. An der Aussprache der hebräischen Bibelpsalmen mag wohl schon so mancher Chor verzweifelt sein, ganz zu schweigen von den Klippen der Partitur. Doch auch diese Herausforderung bestand die Sängergemeinschaft dank versierter Solisten und der souveränen Leitung Philipp Amelungs mit Bravour. Das charakteristische, immer wiederkehrende Adonai-Motiv blieb noch lange hinterher im Gedächtnis. Wer noch unentschieden ist, welche Aufführung des Weihnachtsoratoriums er im Dezember besuchen soll, dem sei hiermit das Leipziger Vocalensemble wärmstens empfohlen.

Benefizkonzert für das Begegnungszentrum der israelitischen Religionsgemeinde Leipzig.
Eric Whitacre: i thank You God for most this amazing day für gemischten Chor (1999)
Jehan Alain: Le jardin suspendu AWV 63 (1934), Litanies AWV 100 für Orgel (1937)
Randall Svane: Mass (daraus Kyrie, Sanctus, Benedictus) für vierstimmigen Chor (2005)
Zsolt Gárdonyi: Mozart Changes für Orgel (1995)
Leoš Janácek: Otce náš, Kantate „Vater Unser“ für Tenor, Chor, Harfe und Orgel (1901)
Samuel Barber: Agnus dei, Adagio für Streicher op.11 (1938), Fassung für achtstimmigen Chor (1967)
Leonard Bernstein: Chichester Psalms für Chor, Sopransolo, Orgel, Harfe und Schlagwerk (1965)
Sopran: Katharina Salden
Tenor: Nico Eckert
Orgel: Michael Riedel
Harfe: Irene Aristei
Schlagzeug: Simon Lauer
Leipziger Vocalensemble
Leitung: Philipp Amelung

15. November 2008, Nikolaikirche zu Leipzig

www.leipziger-vocalensemble.de

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