Die Ausstellung „Universum 1“ überrascht mit den neuesten Arbeiten der Künstlerin Meike Zopf
In der Galerie ARTAe in Leipzig-Gohlis überrascht zurzeit die Ausstellung „Universum 1“, bei der die neuesten Arbeiten der Künstlerin Meike Zopf gezeigt werden. Sie schafft in ihren Bildern in Acryl verschiedene kleine und große Universen, die den Betrachter schon bald nach Betreten der Galerie in sich aufnehmen.
Der Mensch mit seinen Handlungen, Gedanken und Gefühlen steht im Mittelpunkt ihrer Arbeiten. Von Kindheitserinnerungen, alltäglichen Tätigkeiten wie dem Kartoffelschälen über religiöse Themen und Fragen nach dem Glauben bis hin zu den Errungenschaften der Menschheit in Forschung und Technik reichen die Bildthemen.
Geschickt kombiniert Zopf diese inhaltliche Schwere mit formaler Leichtigkeit. Schwungvoll gesetzte Pinselstriche und -tupfen, Farbflächen, die immer ein wenig vom Untergrund durchscheinen lassen, und lockere schwarze Konturlinien unterstreichen die Skizzenhaftigkeit ihrer Malerei. Meisterhaft komponiert sie ihre Bilder, in denen keine Fläche und keine Farbe allein stehen bleibt, in denen alles seinen Platz und seinen Bezugspunkt hat. Dazu kommt die Farbgebung: Zarte Blau- und Grüntöne, Orange, Gelb und Rot dominieren ihre Bildwelten und kontrastieren die Tiefe der Themen, die sich dem Betrachter während der Auseinandersetzung mit den Bildern auftut.
So z.B. im großformatigen Bild Universum II von 2009, in dem sowohl die positiven als auch die negativen Seiten des Strebens nach der vollkommenen Beherrschung von Natur und Naturgesetzen anklingen: Der Traum des Menschen vom Fliegen ist erfüllt, zu sehen in Form der Skizze eines Passagierflugzeuges in der oberen Bildmitte. Schneller denn je kann der Mensch heute zu den schönsten Orten der Welt gelangen, wie die weibliche Figur im Zentrum des Bildes, die in einem dicht bewachsenen Garten oder Wald sitzt. Doch eine krumme Feder und das zerbrochene Zahnrad rechts unten im Bild lassen an Flugzeugabstürze denken – Nachrichten, mit denen man täglich in den Medien konfrontiert wird. Weiter kommt dem Betrachter beim Anblick der kaputten Teile inmitten dieses Naturparadieses der Gedanke an die Umweltzerstörung, die es ohne die Erfindungen des Menschen nie gegeben hätte. Die junge Frau in schwarzer Kapuzenjacke, die stellvertretend für alle Menschen der heutigen Zeit gesehen werden kann, schaut am Betrachter vorbei und aus dem Bild heraus. Vielleicht hat sie sich den Zwiespalt Mensch-Natur-Technik gerade bewusst gemacht. Vielleicht ist ihr klar geworden, dass bestimmte Errungenschaften nicht mehr rückgängig zu machen sind, obwohl sie Mensch und Natur schaden können. Sie scheint nachdenklich, resigniert, auf jeden Fall in sich versunken und für den Betrachter nicht greifbar. So wie die meisten Figuren in Zopfs Bildern.
Seit Jahren entwickelt die Malerin ihre Bildsprache immer weiter, bei der die Entrücktheit der dargestellten Personen nur eines von vielen Markenzeichen ist. Geboren 1972 in Berlin, studierte sie dort zunächst Kunst auf Lehramt und Kunsttherapie in Ottersberg, bis sie ihr Diplom für Freie Kunst in Hannover bei Professor Verena Vernunft und Christian Riebe erwarb. 2004 bis 2005 war sie Meisterschülerin in der Klasse von Professor Vernunft. Zur gleichen Zeit studierte sie als Stipendiatin an der Internationalen Salzburger Sommerakademie. Ihr Lehrer hier war Watts Ouattara (dokumenta 11). Verschiedene Elemente seiner Bildsprache tauchen auch in der Malerei Meike Zopfs wieder auf, z.B. die Auflösung des Raumes, infolge derer das Bildgeschehen nicht zu lokalisieren ist und überall stattfinden könnte. Die damit einhergehende Zeitlosigkeit ist ebenso Stilmittel beider Künstler wie die Verwendung emotional aufgeladener Symbole. In Meike Zopfs Arbeiten sind das betende Hände, Heiligenscheine, Engelsflügel, aber auch Seifenblasen, Mutterfiguren und Kinder, die in ihre momentanen Beschäftigung versunken sind.
Das Bild Junge mit Erscheinung von 2008 zeigt sehr anschaulich die Verwendung dieser Stilmittel: Zu sehen ist ein kleiner Junge im Bildzentrum, der wohl soeben erst das Laufen gelernt hat, an der Hand seiner Mutter, die hinter ihm steht und ihm mit der zweiten Hand eine Nuckelflasche reicht. Der Junge interessiert sich aber weniger für die Nuckelflasche, als vielmehr für ein blaues Vieleck, was sich in der linken Bildhälfte befindet. Er scheint in Gedanken ganz mit diesem Vieleck beschäftigt und schaut geradewegs an der Flasche vorbei, hat darüber hinaus aber auch seine Mutter und überhaupt die ganze Welt um sich herum vergessen. Betont wird dieser Moment noch durch einen goldenen Heiligenschein, der den Kopf des kleinen Jungen und seine Hand in der Hand der Mutter rahmt. Thema ist die kindliche Versunkenheit bei der Beobachtung verschiedenster, teilweise unscheinbarster Dinge. Der Betrachter erinnert sich vielleicht an die eigene Kindheit oder hat Kindern zugesehen – welche Freude sie an Details finden, die Erwachsene schon nicht mehr wahrnehmen.
Meike Zopfs Bilder lösen im Betrachter damit sehr subjektive und persönliche Eindrücke aus. Da die Gesichter der meisten dargestellten Personen weggedreht sind, vom Bildrand abgeschnitten, oder ganz einfach als Fläche ohne Details stehen gelassen werden, wird dem Betrachter keine bestimmte Reaktion vorgegeben. Je nach eigenen Sehgewohnheiten, Erinnerungen und Vorstellungen wird er angeregt, sich auf die gedankliche Reise zu begeben, die Meike Zopf lediglich andeutet, keinesfalls ausformuliert. Trotz dieser Skizzenhaftigkeit sind die Bilder aber hoch emotional, gerade weil sie den Sprung zwischen Poesie und aktuellen gesellschaftlichen Themen schaffen.
Universum 1: Malerei von Meike Zopf
Bilder: Universum II, 2009, Acryl, Mischtechnik auf Leinwand
200 x 240 cm; © Foto: Galerie ARTAe Leipzig
Junge (mit Erscheinung), 2008, Acryl, Mischtechnik auf Leinwand
100 x 80 cm; © Foto: Galerie ARTAe Leipzig
Galerie ARTAe
10. September bis 17. Oktober 2009
www.artae.de
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