Kinderszenen

Das Chorconcert zum Schumann-Jahr fand nur spärliches Publikum

Konzentrierte Interpretationen: der Gewandhauskinderchor (Foto: Gerd Mothes / Gewandhaus)

Peter Härtlings Interpretationen bedeutender deutscher Dichter und Komponisten sind einzigartig. Wie ein Archäologe hat er Schicht um Schicht des Lebens von Friedrich Hölderlin, E. T. A. Hoffmann, Franz Schubert, Robert Schumann und vielen anderen freigelegt. Aus seinem Roman Schumanns Schatten liest er heute im Gewandhaus zum Schumann Programm des Gewandhauskinderchores.

Frank-Steffen Elster, seit mehr als fünf Jahren künstlerischer Leiter des jüngsten Ensembles des Leipziger Gewandhauses, hat ein ambitioniertes Programm zusammengestellt. Um viele bekannte Schumannlieder musiziert Walter Zoller am Klavier die Kinderszenen op. 15, Leipzigs bekanntester Tenor Martin Petzold interpretiert Texte aus Dichterliebe op. 48. Das macht Spaß, die Kombination aus Härtling wundervoll anschaulichen Beschreibungen der Kindheit Schumanns und dem konzentrierten Interpretationen der Kinder des Chores. Überhaupt wird in dem Gegenüber deutlich wie musikalisch Härtlings Sprache ist. Beim Besuch des jungen Schumann in München bei Heinrich Heine schreibt er über das Licht im Arbeitszimmer des Dichters: „wo die Stadtsonne sich zusammen scheint“, für das Gespräch von Heine mit Schumann erfindet er die lustige Aussage Heines zu Schumann: „könnten Sie sich nicht zwischen Komponieren und Dichten entscheiden und das Dichten anderen überlassen, zum Beispiel mir“. So wie die Musiker die Werke Schumanns interpretieren, interpretiert Härtling das Leben Schumanns. Mit diebischer Freude liest er das heute vor dem leider nur spärlich besetzten Großen Saal des Gewandhauses. Diese Leere haben die Kinder des Gewandhauskinderchores nicht verdient, mit hoher Konzentration und großer Ernsthaftigkeit tragen sie das fast zweistündige Programm vor. Der Ernsthaftigkeit der Kinder setzt Martin Petzold seine witzigen pantomischen Interpretationen entgegen, die in Ein Jüngling liebt ein Mädchen einen Höhepunkt erreichen, Szenenapplaus des ansonsten sehr zurückhaltenden Publikums.

Es stellt sich schon die Frage, wie die Vermittlung solcher Konzerte funktionieren muss, um einen Großen Saal des Gewandhauses zu füllen. Oder liegt es an der sehr konservativen Programmierung? Wenn man sich was wünschen dürfte, stellt man sich die Kinderszenen lebhafter, kindhafter ja spontaner vor. Im Sinne Schumanns, der seinen Vater bereits als Kind mit Kompositionen überraschte.

Chorconcert. Konzert zum Schumann-Jahr

5. September 2010, Gewandhaus Großer Saal


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