Schafe und Franzosen

„Die drei Musketiere“: Das 29. Sommertheater der Schauspielstudierenden fechtet mit Mantel und Degen gekonnt um die Publikumsgunst

Ort des Geschehens: Das Grassimuseum (Foto: A. Schmidt/LTM)

„Gutes Theater, Majestät, ist immer besser als eine schlechte Wirklichkeit“, gibt Fabian Oehl als Kardinal Richelieu, der intrigant diabolische Strippenzieher, in der besten Szene des diesjährigen Sommertheaters der Schauspielstudenten von sich. Er spielt mit dem schwächlichen König (Jonas Leonhardi) Badminton, macht einen Punkt nach dem anderen und demonstriert sinnfällig, wer wirklich die Macht besitzt.

Die Wirklichkeit sah bei der Premiere am Freitag gar nicht schlecht aus. Alle Plätze auf der Tribüne im Grassi-Innenhof waren besetzt, und der drohende Regen blieb weg. Gutes Theater gab es auch. Die jungen Absolventen der Hochschule für Musik und Theater „Felix Mendelssohn Bartholdy“ begeisterten mit erstaunlichen darstellerischen Leistungen in Axel Plogstedts herrlich ironischer Dramatisierung des Romans Die drei Musketiere von Alexandre Dumas. Selbst da, wo die textliche Vorlage doch etwas platt daher kommt wie in den Liebes-Szenen, fand Regisseur Gösta Knothe mit seiner Truppe schöne spielerische Einfälle und machte den Abend zu einem vergnüglichen Erlebnis. So wurde die Inszenierung zu Recht mit viel Zwischenapplaus und lang anhaltendem Schluss-Beifall gefeiert.

Wie eine Nummernrevue läuft die Handlung um die Intrigen am Hof Ludwigs XIII. ab. Bea Brocks als Conferencier sagt die Nummern, Kapitel und Titel an und vermittelt von Beginn an, dass alles nur Spiel ist. Somit verwundern Rollenwechsel ohne langwieriges Umkleiden ebenso wenig wie die vielen herrlich komischen Brüche. Da verwandeln sich die Schafe der Gascogne sekundenschnell in französische Klischees zitierende Pariser Bürger, weicht der Menuett-Tanz plötzlich einem Disco-Kracher, oder das Ensemble bricht mehrere Kapitel im Schnelldurchlauf herunter, um schneller in die Pause zu kommen.

Frauke Bischingers übergroße Schränke als multifunktionales Bühnenbild, aus denen die Mimen auftreten oder auch mal ein Bösewicht mit dem Degen angetackert wird, Silvia Zygouris großartig umgesetzte Choreografien und die für den Stoff obligatorischen zahlreichen Degenfechtereien von Claus Großer machen das Spektakel zu einem Feuerwerk theatraler Vielseitigkeit. Glanzpunkt aber ist die Ausgestaltung der Figuren. Angefangen von der bösen Lady Winter (Julia Preuß), die stets mit der gleichen unheilvollen Musik, Reitpeitsche und wechselndem Outfit lasziv tanzend auftritt, bis zum Herzog von Buckingham (Pablo Guaneme Pinilla), der lässig im deutsch-englischen Mischmasch rennomiert, bevor ihn der bühnenwirksamen Tod in der Wanne ereilt.

Auch all die anderen überzeugen, wie die Helden der Geschichte D´Artagnan und die drei Musketiere, und immer wieder heißt es: Einer für alle, alle für einen. Wohl auch das Arbeitsmotto des Ensembles, das nicht zuletzt durch ihr Zusammenspiel das 29. Sommertheater zum Erfolg führte.

Die drei Musketiere

von Axel Plogstedt nach dem Roman von Alexandre Dumas

R: Gösta Knothe
Mit: Schauspielstudenten des zweiten Studienjahres

Premiere: 1. Juli 2011, Innenhof der Museen im Grassi


Kommentar hinterlassen

Kommentar hinterlassen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.