Hof Klang 2011 hatte zwei Uraufführungen im Gepäck und bespielte gleich zwei Höfe
Der blaue Hof des Selterhauses in der Nikolaistraße ist etwas Besonderes, ihn anzuschauen hat die Öffentlichkeit leider viel zu selten Gelegenheit. Eine dieser Chancen ist Hof Klang, das Festival für Neue Musik, das letztes Wochenende dem Begriff „Hofmusik“ wieder eine ganz neue Konnotation gab. Der Ort ist mehr als ein Aufführungsort für Musik, der Ort ist Teil der Aufführung. So wird denn auch mit dem Ort und seinen Möglichkeiten gespielt, die Musik findet nicht nur klassisch auf der Bühne statt, die vom Publikum beglotzt wird (dank der Anordnung der Sitzreihen wurde man bei Hof Klang gar nicht erst gezwungen, Richtung Bühne zu starren), sondern auch auf den Balkonen.
Die verschiedenen Programme der beiden Abende sind jeweils mit einer Klammer versehen: Am Donnerstag, dem 07. Juli, wird diese Klammer vom Gesang gebildet, nämlich von Sidney Corbetts Gebet für Mezzosopran von 1977 und Kaija Saariahos Changing Light für Cello und Sopran von 2002. Der zweite Abend beginnt und schließt mit Schlagzeug. Dabei zeigen sich deutlich die Differenzierungsmöglichkeiten dieses Instruments, das ja eigentlich auch als aus mehreren Instrumenten bestehend aufgefasst werden kann. Das erste Stück des Freitagabends, Motus I für Schlagzeug (1997) von Erkki-Sven Tüür, lässt aus Rhythmus chromatische Melodien wachsen, Helmut Zapfs Randspiel für Schlagzeug und Elektronik (2006) wirkt dagegen wie ein einziges Experiment, dem aber dennoch nicht die Linien fehlen. Vor der Welturaufführung des Abends erklang Arvo Pärts Fratres (1977) für Streicher, erstmal zur Aufführung kam Suk Joo Changs Insel für Streichquartett, das letztes Jahr den Kompositionswettbewerb von Hof Klang gewonnen hat.
272727 von Marios Joannou Elia, dem zweiten Gewinner, war bereits am Donnerstag zu hören. Der anwesende Suk Joo Chang ließ sich anschließend vom Publikum für das Stück feiern, von dem Helena Tulve im letzten Jahr als Jury-Mitglied gesagt hat: „…a real serious piece I would like to hear…“. Hören konnte sie es nicht, da sie nicht zugegen war, aber gespielt wurde nach Erkki-Sven Tüürs Symbiosis für Violine und Kontrabass (1996) ihr lichtes und gleichzeitig farbiges Stück nec ros, nec pluvia… für Streichquartett (2004) – im Kontrast wirkte Pärts Fratres richtiggehend süß. Der Samstag war mit einem Umzug verbunden, weil hier die hervorragenden Musiker mit dem Hof des Bosehauses einen anderen Raum in seinen klanglichen Dimensionen erfahrbar gemacht haben.
Hof Klang 2011
Claudia Herr – Sopran
Gerd Schenker – Schlagzeug
CFM – Elektronik
Tobias Lampelzammer – Kontrabass
Sonar Quartett Berlin – Streichquartett
7.-9. Juli 2011, Höfe des Selterhauses und des Bosehauses
Eine weitere Veröffentlichung zu Hof Klang 2011:
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