Züge einer semiprofessionellen Schulaufführung

Lange Broadway-Nacht am Augustusplatz: Die konzertante Aufführung von Weills „One Touch of Venus“ ist nicht gelungen

Broadway bei Nacht (Fotos: Steffen Kühn)

Kurt Weills größten Broadway-Erfolg One Touch of Venus auszugraben, ist ja vom Grunde her erst mal eine schöne Idee, doch wie immer und überall kommt es darauf an, wie Ideen umgesetzt werden. In dieser Beziehung muss man den ersten Teil der Langen Broadway-Nacht am Augustusplatz als größten anzunehmenden Unfall bezeichnen. „Konzertante Aufführung“ steht auf dem Programmheft, ein komischer Ansatz ist das. Kurt Weills Musical erzählt die farbenreiche Geschichte um den Friseur Rodney Hutch, der für den reichen Kunstsammler Savory arbeitet. Hutch erweckt versehentlich eine antike Venusstatue zum Leben – die beiden verlieben sich. Rodneys Verlobte Gloria ist logischerweise sauer. Das Musical ist eine klassische Nummernoper mit Songs über die Liebe und das Leben.

Den konzertanten Ansatz hat man wohl aufgrund der knisternden Dynamik von Kurt Weills Stück während der Proben nicht durchgehalten. Eine fragmentierte Inszenierung erwartet die Zuschauer: knallbunte Kostüme bei den Solisten, weiße Freizeitkleidung beim Jugendchor, die Bühne eine große Varieté-Treppe, auf der allerlei Aktionen stattfinden. Dies sind etwa getanzte Sequenzen des Jugendchores der Oper, Breakdance-Einlagen eines jungen Sängers und gelegentliche Einschübe deutscher Kommentare der Solisten. Wer für dieses Potpourri eigentlich verantwortlich ist, erklärt uns das Programmheft nicht – handelt es sich also um die Eigendynamik der Sängerinnen und Sänger? Das erinnert leider nicht nur hin und wieder an semiprofessionelle Schulaufführungen, die Qualität der Musik bleibt auch völlig auf der Strecke. Sie ist laut und durcheinander in den großen Chorszenen, undifferenziert in den Soli, was aber sicher auch an der elektrischen Verstärkung liegt, welche wirklich große Stimmen, wie die von Dan Karlström, einfach plattmacht. Schade ist das für den Jugendchor der Oper Leipzig, der seit seiner Gründung vor 2 Jahren die großen Produktionen der Oper professionell unterstützt und mit „One Touch of Venus“ seinen ersten großen Auftritt hat. Die jungen Frauen und Männer zeigen tänzerisch und mimisch – stimmlich sowieso – einen bewundernswerten Einsatz.

Aber heute passt in der Oper auch gar nichts zusammen, so dass Einzelleistungen wie auch der Einsatz Morgan Smiths als Savory, der sich in einer Nummer mit dem Bass selbst begleitet, leider untergehen. Wie heißt es doch so schön zu Beginn des Musicals: „Nur Neue Kunst ist wahre Kunst“. Ob das heute Kunst war, darf bezweifelt werden, neu war es in keinem Fall, bestenfalls unterhaltend. Das ist zu wenig für die Oper Leipzig!

Lange Broadway-Nacht am Augustusplatz

Kurt Weill: One Touch of Venus

09. Juli 2011, 18 Uhr Oper Leipzig

Vier Jahrzehnte Musicalschaffen von George Gershwin und Leonard Bernstein

09. Juli 2011, 21 Uhr Gewandhaus Leipzig


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