Provinz siegt über Kunst

Intendant Sebastian Hartmann wird seinen Vertrag nicht verlängern. Er verlässt 2013 das Centraltheater. Ein Trauerspiel – kommentiert Torben Ibs

Sebastian Hartmann (R.Arnold/Centraltheater)

In Leipzig siegt das provinzielle Denken über die Kunst. Der ständigen Quengeleien um Skala, Konzepte, Zahlen und überhaupt Vorstellungen von Theater müde, schmeißt Schauspiel-Intendant Sebastian Hartmann das Handtuch. Er verlässt zum Ende der Vertragslaufzeit 2013 das Haus. Da mögen jetzt bei einigen linken und konservativen (in Leipzig geht ja sogar beides zusammen) die Sektkorken knallen, für das kulturelle Image der Stadt ist dies ein erneuter Schlag.

Sicher, nicht alles, was Intendant Hartmann und seine Kolleginnen und Kollegen in Centraltheater, Spinnwerk und Skala angefasst haben, wurde zu purem Gold. Aber was Hartmann geschafft hat, ist ein wenig frischen Wind ins Leipziger Kulturleben zu bringen. Doch in Leipzig gilt, wer Wind säht, wird Sturm ernten, und der tobte bald. Da es aber unfein ist, gegen die Kunst selbst zu wettern, was sogar der in Theaterfragen hochnotpeinlich agierende Kulturbürgermeister selbst bemerken musste, verlegten sich die Meckerer auf scheinbar Objektives: Zahlen. Der kleinkrämerische Geist gegen die großen Weihen der Kunst. Wir wissen nun, wer gewonnen hat.

Hartmann selbst wird das nicht stören. Es war seine erste Intendanz und er hat ordentliche Arbeit abgeliefert. Die nächsten Jahre versprechen sogar besser zu werden, da er sich mit seiner Arbeit jetzt um ein neues Haus bewerben muss. Doch Leipzig steht kulturpolitisch mal wieder vor einem Scherbenhaufen. Nachdem schon die Kulturbürgermeistersuche durch das ungeschickte Agieren des Oberbürgermeisters eine Farce war, kann er nun schon wieder rauchende Trümmer in seinem Aufgabenfeld besichtigen. Selbst ein Theater, das in Berlin nicht einmal sonderlich avantgardistisch gewesen wäre, fällt in Leipzig gnadenlos durch. Das ist die Botschaft von Hartmanns Entscheidung an mögliche Intendanzkandidaten. Oder mit anderen Worten: Finger weg von diesem Stadttheater!

Man sieht schon die Stellenausschreibung: „Gesucht wird Theatermann ohne künstlerische Ideen, der mit Minimalbudget und einer Stadt mit einem Kulturverständnis in der Nähe zum sozialistischen Realismus auskommt. Kulturpolitischer Dilettantismus inklusive.“ Wer käme infrage? Vielleicht Peter Stein. Der wurde für seine künstlerische Langeweile in den letzten Jahren von der bundesweiten Kritik derart zerrissen, dass er gut zur vorgestellten Ästhetik der Leipziger Kulturpolitiker passen müsste. Aber selbst der würde für das Geld hier wohl nicht arbeiten. Die Stadt will europäische Kulturhauptstadt werden und schafft theaterästhetisch nicht einmal im Ansatz den Anschluss ans 21. Jahrhundert. Arme Kulturstadt.

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