Ein bewegter Abend

Das Theater der Jungen Welt widmet dem Spielzeitmotto „Bewegung“ eine Eröffnungsgala

Talk-Gäste: die Choreografin Heike Hennig und der Bahnradsport-Olympiasieger und -Weltmeister Jens Lehmann (Fotos: TdJW)

Voll konzentriert schreiten die beiden Judokämpfer aufeinander zu – und verschmelzen durch Würfe im Zeitlupentempo zu meditativer Musik. Urplötzlich entfesselt sich ein hektischer Kampf, in dem sich die beiden wie Kartoffelsäcke abwechselnd auf die Bühne schmettern. Die dazu epileptisch zuckende Rot-Weiß-Lichtinstallation im Hintergrund erschwert es zwar erheblich, sich auf die Streiter zu konzentrieren. Doch schon bald beruhigt sich die Szenerie, Kämpfer und Kämpferin, beide professionelle Trainer, stehen unversehrt, doch außer Atem auf und ernten Beifall.

So eröffnet das Theater der Jungen Welt das Thema eines programmreichen Samstagabends – zum Spielzeitmotto Bewegung. Und so ist auch der Zuschauer nie statisch, muss er sich doch auf den wenig bequemen Sitzbänken von einer Seite zur anderen drehen. Natürlich nur, falls ihm daran liegt, sowohl dem Intendanten im Gespräch als auch den Bühnenakteuren zu folgen. Ein Mann aus dem Publikum geht stattdessen einer anderen Bewegung nach – spielt lieber mit einem eigens dafür platzierten Kreisel auf der liebevoll gedeckten Tischplatte vor ihm. Doch zu Beginn der vierköpfigen Podiumsdiskussion schweift auch sein Blick interessiert auf die Bühne.

Aufmerksam folgt er den Gesprächen zwischen dem Profisportler Jens Lehmann und Moderator Peter Claus über das derzeitige Lieblingssorgenkind unserer Medien – Burn Out. Auch die Erfolgsgeschichte der Choreografin Heike Hennig bewegt ihn. Nur beim dritten Gast, dem Sportphilosophen Arno Müller, wandelt sich sein sonst so interessiert dreinschauendes Gesicht zu einer skeptischen, fragenden Miene. Doch gelingt es Müller, seine Beteiligungsberechtigung zu jener Diskussion mit anregenden Antworten aus der Philosophie zu untermauern. Die meisten Gefühlsbewegungen löst jedoch Volker Gerling bei den Zuschauern aus. Von Berlin nach Basel ohne Geld in der Tasche, dafür aber mit einer Daumenkino-Wanderausstellung vor den Bauch geschnürt.

Zwei Stunden Programm – zwischen Diskussion, Tischtennis mit Neonfarben, Fechtkünsten und Gästegesprächen, dann bewegen sich die Gäste hinaus zum reichhaltigen Buffet, trinken Sekt und spazieren neugierig in das Zelt auf dem Hof. Dort präsentieren sich Kleinode der Sportgeschichte wie Holzskier aus den 50ern, handgenähte Lederfußbälle und eine imposante Ringermaschine. Ein Abend der geistigen und körperlichen Bewegung – so ist Theater lebendig!

Eröffnungsgala

24.September 2011, Theater der Jungen Welt


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