Märchenkaleidoskop

Das Theater der Jungen Welt bringt mit „Die zertanzten Schuhe“ ein phantasievolles Stück für die ganze Familie auf die Bühne

Fotos: Theater der Jungen Welt

Eben noch eroberte eine Kindertanzgruppe am Premierennachmittag von Die zertanzten Schuhe das Foyer des Theaters der Jungen Welt, da lässt der Ausruf „Extrablatt! Extrablatt“ Melodie und Bewegung stillstehen. Der König habe, so heißt es, im ganzen Land das Tanzen und Musizieren verboten. Dieser Nachricht will das gemischte Premierenpublikum auf den Grund gehen und folgt dem Boten in den Theatersaal, wo es kurze Zeit später vom eitel-trotzigen Sonnenkönig begrüßt wird, der sich mit tarnfarbenem Umhang, Krone, Reichsapfel mit Mikrofonfunktion und blau glänzenden Kniestrümpfen monumental auf seinem Thron brüstet.

1134 Paar Schuhe haben seine drei Töchter in den letzten Monaten zertanzt, das macht ganze 189 Tage Tanzvergnügen. Doch wie die drei jungen Damen, die ihrem Herrn Papa beständig auf der Nase herumtanzen, aus ihrem inzwischen zu einer wahren Festung gewordenen Zimmer zum nächtlichen Tanz verschwinden können, bleibt dem Vater ein Rätsel. Schon unzählige Prinzen haben sich an seinem Auftrag versucht, die Prinzessinnen nachts zu überführen, doch statt des gesamten Königreichs und der Hand der jüngsten Tochter fanden allesamt den Tod, da sie die Nacht verschliefen.

Doch damit ist jetzt Schluss, ein junger, im Krieg versehrter, zum Bettler verkommener Soldat möchte sich ebenfalls der Aufgabe des Königs stellen. Gemeinsam mit einer (guten) Hexe, die im Märchen nicht fehlen darf, gelangt er, dank ihrer Tipps und Tricks wie Tarnumhang und verwunschener Stiefel, ans Ziel.

Mit ideenreichen und witzigen Einfällen bringt das gesamte Team um Kay Link ein wunderbar musikalisches Stück Märchenwelt auf die Bühne. Ob durch das güldene, mit Schuh-Requisiten durchzogene, phantasievolle Bühnenbild, das vom einen Moment auf den anderen ein prinzessinnenhaftes Schlafdomizil oder einen majestätischen Partysaal erscheinen lässt, oder die energiegeladenen Choreografien – das Stück lässt den Zuschauer euphorisch und glücklich zurück.

Die starke Dominanz von Musik (Erich A. Radke) und Tanz schaffen ein buntes Märchenkaleidoskop, dass keine Langeweile aufkommen lässt. Immer in Bewegung und dennoch mit kurzen Momenten des Innehaltens verschmilzt der Abend zu einem Konglomerat phantasievoller Unterhaltung.

Gern begibt man sich, gemeinsam mit den Prinzessinnen Iphigenie, Isabella und Isolde, auf die Reise in die geheimnisvolle Unterwelt, rast auf dem Motorrad mit Rockersound durch die Nacht und teilt den kurzen Moment des Gruselns, als die drei jungen Damen auf dem Weg zum Tanzpalast wegen Benzinmangels liegen bleiben. Angekommen im historisch-stilvollen Partysaal, fällt es schwer auf den starren Stühlen sitzen zu bleiben und nicht auch physisch in die positive Stimmung einzutauchen.

Zwischen Entdeckungslust und Partylaune findet der Soldat letztendlich nicht nur des Rätsels Lösung, sondern entdeckt auch seine Liebe zur ältesten Tochter Iphigenie. Beide besteigen den Thron des Landes und heben das trostlose Tanzverbot auf.

Kay Link schafft mit seiner Inszenierung ein Familienstück, das für alle etwas bereithält. Ein Stück, bei dem selbst Jungs Prinzessinnen mögen.

Die zertanzten Schuhe

Regie: Kay Link

Mit: Gösta Bornschein, Elisabeth Fues, Moritz Gabriel, Uschi Marr, Emanuele Peters, Reinhart Reimann, David Senf / André Hepke, Anke Stoppa, Anna-Lena Zühlke

Premiere: 20.November 2011, Theater der Jungen Welt

Weitere Termine: 24./25./26. November und 2. Dezember 2011


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