In dem auf zwei Filme ausgedehnten vierten Teil der „Twilight“-Saga muss die zerbrechliche Bella gleich zwei große Herausforderungen meistern – einen Untoten heiraten und dann auch noch ein gigantisches blutsaugendes Baby gebären
Bis(s) in die Tiefen des Vampirismus katapultiert der stilsichere Blutsauger Edward Cullen seine Angebetete Bella. Nach ewigem Ringen auf der Leinwand hat er das Herz des unscheinbaren High-School-Mädchens aus dem schnarchigen Regenstädtchen Forks endgültig erobert. Daran konnte auch sein ewiger Konkurrent, der von Indianern abstammende Werwolfschönling Jacob, bisher nicht viel ändern.
In „Breaking Dawn“, dem vierten Teil der Twilight-Saga, darf Edward sie nun endlich heiraten. So tauscht die pausenlos becircte Bella ihren klangvollen Nachnamen Swan gegen das urig-düstere Cullen ein. Über eine Stunde wird der Zuschauer mit dem Prozedere von Altar, Abschied von Altem, Hickhack in den beiden gegensätzlichen Familien und sich anschließender Flitterwochenreise auf einer abgelegenen Insel gequält. Ein Hauch von Action fehlt hier gänzlich, nicht einmal ein dürftiger Spannungsbogen will sich in die langweilige Zuckergusskulisse einschleichen – darüber trösten auch Bellas schaurige Visionen (denn sie bleiben nur Visionen) von einer morbiden Alptraumhochzeit nicht hinweg.
Prinzipiell steht Kristen Stewart, wie Bella im realen Leben heißt, der Überdruss ihrer Rolle nach vier Jahren Twilight deutlich ins Gesicht geschrieben. Wie ein verschrecktes Reh stolpert sie mit zweifelndem Gesichtsausdruck zum Altar, um einen ihr in jeder Hinsicht überlegenen, knapp 100 Jahre älteren Vampir zu heiraten. Ähnlich erschöpfend empfand wohl auch ihr Kollege Robert Pattinson die Produktion des Fantasy-Stoffes und das sich anschließende weltumspannende Rühren der Werbetrommel, wie er kürzlich auf dem roten Teppich in Berlin andeutete.
Doch weiter in der Geschichte. Die leidenschaftlichen Nächte in den Flitterwochen sollen nicht ohne Folge bleiben – schon bald wächst in Bellas Bauch ein kleines Wesen heran, von dem die Umwelt nichts Gutes hält. Beunruhigt kehrt das Pärchen zurück nach Forks, um dort das vermeintliche Dämonenkind unter viel Blutspritzen, Knochenbrüchen und reichlich Bissarbeit auf die Welt zu bringen. Angesichts dieser wirklich schockierenden Szenen erscheint eine FSK-Einstufung von 12 Jahren in keiner Weise nachvollziehbar.
Die bloße Existenz des Kleinen bedroht die Waffenruhe zwischen Werwölfen und Vampiren, woraufhin sich Erstgenannte kurzerhand entschließen, das Kind und Bella gleich mit zu töten. Was sich als Kernthema hätte herausschälen können, führt das Drehbuch leider viel zu spät ins Feld: die Rivalität zwischen zwei magischen Gruppen inmitten einer Welt, die von diesen Kräften keine Ahnung hat. So wirkt der Plot angesichts einer im Vergleich zur Romanvorlage nicht plausibel geschilderten Bedrohung stark konstruiert.
Was im ersten Teil der Saga als Neugier weckendes Gemisch aus Romantik, Action, Fantasy und Thriller entwickelt wurde, droht weiterhin unter dem großen Emblem Twilight wie schon in den vergangenen Teilen zu kippen. Dabei hätte bereits das behutsame Eindampfen des Zeremonienbrimboriums dem Zuschauer eine unnötige Geduldsprobe erspart. Womöglich war die Angst seitens der Produzenten, Teenieträume von einer perfekten Hochzeit nicht ausreichend zu befriedigen, für diesen Schritt zu groß.
Twilight – Bis(s) zum Ende der Nacht (orig.: Breaking Dawn)
USA 117 min.
Regie: Bill Condon
Darsteller: Robert Pattinson, Kristen Stewart, Taylor Lautner, Peter Facinelli
Kinostart: 24. November 2011
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