Der gejagte Alleskönner

„Phantom Protokoll“: Im neuen Teil der Mission-Impossible-Reihe muss das Agenten-Team um Ethan Hunt die Welt vor einem größenwahnsinnigen Nuklearwaffennarren beschützen

Bilder: Paramount Pictures

Agent Hunt lebt seinen Namen – frisch und spektakulär aus einem russischen Hochsicherheitsknast befreit, schickt er als Jäger und Gejagter sein neues Team im vierten Teil der Mission-Impossible-Saga ohne Pause an schillernde Schauplätze.

Das ferne Mumbai wird mit prachtvollen Farben in Szene gesetzt, Moskau erhält einen winterlich-kühlen Look und spätestens beim Anblick der wuchtigen Sandsturmlawine in Dubai, die sich dem an der Glasaußenwand des Burj Khalifa nur mit Hafthandschuhen entlang hangelnden Hunt nähert, wird klar, dass der Zuschauer visuell verwöhnt werden soll. In hartem Kontrast dazu stehen klaustrophobisch enge Computerbunker, erbitterte Kämpfe in Hotelzimmern und Verfolgungsjagden mit deutschen Vehikeln über arabische Schnellstraßen.

Der Teamauftrag: Einen russischen Terroristen zu stoppen, der eine neue Welt aufbauen möchte, indem er die alte nach eigenem Gutdünken mit Nuklearraketen plättet. Und so sprengt der Bösewicht kurzerhand den Kreml in die Luft. Leider wird Hunt für den Anschlag verdächtigt und begibt sich daraufhin mit ein paar Gefährten auf eine Mission Impossible.

Und die wäre nicht impossible ohne eine derart unmögliche Handlung. Selbst wenn Explosionen Hunt auf den Boden schleudern und ihn die umher fliegenden Trümmerteile begraben, mächtig viel Blei auf ihn abgefeuert oder er mitsamt Auto versenkt wird – höchstens ein paar Kratzer zeugen davon, dass auch er eigentlich ein Wesen aus Fleisch und Blut ist.

Dabei ist Ethan Hunt als dauerwacher Tausendsasa, der für wirklich jede Situation den passenden Spruch und Plan hat, kein linearer Sympathieträger. Insbesondere, wenn sich der Leinwandheld nur schwerlich von der perfektionistischen Person Tom Cruise trennen lässt.

Doch die verschiedenen Schöpfer des Mission-Impossible-Mythos erhoben auch nie den Realismus zur Maxime, sondern konzentrierten sich stets auf die Erzeugung einer dichten Atmosphäre, in der Explosionen, Verrat und Kugelhagel die Protagonisten wie den Esel mit der Karotte stets kurz vor dem vermeintlich nahen Ziel tragisch scheitern lassen, nur um sie zu kreativen, erfolgreichen Lösungen zu zwingen.

Regisseur Brad Bird, eigentlich auf dem Gebiet des Animationsfilms erfahren, gelingt es, mit einem frischen Stab von Schauspielern jenen bekannten Charme der M:I-Reihe in satten Bildern zu transportieren, ohne eine zu zaghafte Fortsetzung abzuliefern.

Phantom Protokoll ist so ein ganz eigener, höchst unterhaltsamer Nachfolger in der M:I-Reihe geworden. Einziges Manko bleibt die dünne Plot-Rücklage auf einen längst veralteten Ost-West-Konflikt mit enttäuschender Vorhersehbarkeit. Zwar bewegt sich der Film damit in Hinblick auf den arabisch-westlichen Clash of Cultures in unserer Gegenwart ironischerweise außerhalb des politischen Kreuzfeuers, doch lässt die Geschichte dadurch Abwechslung vermissen. Nichtsdestotrotz erwartet den Zuschauer ein wuchtiger, liebevoll und genretreu produzierter Actionkracher zum Jahresausklang.

Mission: Impossible – Phantom Protocol

USA 2011

Regie: Brad Bird, Darsteller: Tom Cruise, Jeremy Renner, Simon Pegg, Paula Patton, Josh Holloway, Michael Nyqvist, Vladimir Mashkow, Léa Seydoux

Kinostart: 15. Dezember 2011


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