Das Weltall im Wohnzimmer

Interview mit Boris von Poser und Matthias Schiffner über Himmelsbewegungen, die Magie von Mythen und ihr Sternenbildertheater „Von Göttern, Helden und anderen Raumfahrern“ im Schkeuditzer Planetarium

Fotos: T. Schulze

Seit Februar bespielt das Theater der Jungen Welt mit der Produktion Von Göttern, Helden und anderen Raumfahrern das Planetarium in Schkeuditz. Almanach-Redakteurin Franca Hähle sprach mit dem Regisseur Boris von Poser sowie dem Stückautor und -dramaturg Matthias Schiffner.

Leipzig-Almanach: Wie kam es zu der Idee mit dem Planetarium Schkeuditz zusammenzuarbeiten?

Matthias Schiffner: Die Idee entstand im Zusammenhang mit unserem Spielzeitmotto „Bewegungen“. Als wir über die unterschiedlichen Spielweisen von Bewegung sprachen, kamen wir bei den Himmelsbewegungen an. Und da Jürgen Zielinski wusste, dass ich in die Astronomie sehr vernarrt bin, hat er das aufgegriffen. Als wir dann zu dritt vor Ort waren, meinte er, da müssen wir unbedingt was machen. Es war aber noch lange nicht klar, wie das weitergeht. Ja und dann habe ich die Stückvorlage geschrieben.

Leipzig-Almanach: Was macht das Planetarium als Theaterraum aus?

Boris von Poser: Das Planetarium ist tatsächlich ein kleines Juwel. Es ist ein besonders kleines, schrulliges Planetarium, fast wie ein Wohnzimmer, was es sehr persönlich macht. Es hat schon in der Ausstattung etwas Theatrales. Wir haben das Stück in diesen Raum gesetzt, sodass es wirklich dort spielt und dort handelt. Unser Bühnenbild spielt dabei nur eine ergänzende Rolle. Ich glaube das ist auch ein Großteil des Reizes.

Leipzig-Almanach: Geschichten unter einem Sternenhimmel zu erzählen, birgt viele Möglichkeiten in sich. Was genau erwartet den Zuschauer?

Boris von Poser: Es ist nicht hörspielartig. Wir haben ein Bühnenbild reingebaut und die Schauspieler agieren richtig zwischen den Zuschauern, die sind also mittendrin. Da findet erst einmal Theater im klassischen Sinne statt. Und dann erfolgt immer wieder der Bezug auf den Sternenhimmel. Dabei haben wir für uns herausgefunden, dass es eben besonders reizvoll ist zu erzählen, wie eine Mythenfigur an den Himmel kommt. Was ist das für ein Vorgang, wenn jemand an den Himmel versetzt wird. Und an dem Vorgang entlang geht es im Stück. Die Geschichten, die erzählt werden, gipfeln immer darin, dass jemand an den Himmel kommt. Da ist dann gewissermaßen der Wechsel zwischen den Spielebenen und das macht den Rhythmus des Ganzen aus.

Leipzig-Almanach: Wie wird dabei mit den Sternenbildern umgegangen?

Boris von Poser: Es gibt bestimmte Sternenbilder, die einfach sehr explizite, tolle Mythen im Hintergrund haben. Interessant ist es natürlich in diesem undurchdringlichen Sternenhimmel Sternenbilder zu identifizieren und dann ihre Geschichten dazu zu erzählen. Wir haben eine Personenkonstellation. Einen Wissenschaftler, der in diesem Planetarium arbeitet und ein Hermes-Paket-Bote, der ihm etwas vorbeibringt. Es geht auch um deren Identifikation mit so einer Geschichte, was interessiert sie daran, wo finden sie den Helden der Geschichte interessant, wo wird der für sie zum Vorbild oder zum Leitbild. Natürlich ist der Götterbote Hermes erst einmal der, der weniger über die Sternbilder weiß. Für den Wissenschaftler sind die griechischen Sagen hingegen das non plus ultra, womit er den Boten auch bis zu einem gewissen Punkt überzeugt, ihn in seinen Bann zieht. Und das ist dann hoffentlich der Bann, der auch mit den Zuschauern passiert.

Leipzig-Almanach: Nun lädt eine solche Kulisse natürlich auch zum mitmachen ein. Bietet das Stück interaktive Momente oder kann man sich beispielsweise im Anschluss astronomisch ausprobieren?

Boris von Poser: Es ist so, dass Peter Schilling, der dieses Planetarium leitet, immer bei den Vorstellungen dabei ist und auch das Gerät bedient, das die Sterne an den Himmel wirft. Er ist immer bereit, wenn noch Interesse ist, Dinge vorzuführen, das ist seine Leidenschaft und sein großes Können. In der Vorstellung selbst sind wir nicht wirklich interaktiv, sondern es wird schon eine Geschichte erzählt. Das dauert auch nicht so lange. Es geht 50 Minuten.

Leipzig-Almanach: Das Planetarium hat ja schon an sich ein starker visueller Reiz, der seine ganz eigene Atmosphäre schafft. Wird auch noch mit anderen Medien gearbeitet?

Boris von Poser: Wir unterstützen die Wechsel in den Sternenhimmel mit Musik. Mit sehr spezieller Musik von dem Komponisten Thomas Hertel, der in Leipzig keine unbekannte Größe ist. Er hat mit seiner sehr schönen Reihe mund-und-knie-Orchester am Schauspiel Leipzig lange experimentelle Klangerfahrung erforscht. Da ich ihn bereits vom Schauspiel Leipzig kannte, habe ihn gefragt, ob er uns unterstützen will. Er hat selbst schon in die Richtung Kosmos und Astronomie geforscht, was sehr schön ist, da seine Klänge den Raum sehr weit machen und dem Erzählten immer eine Dimension dazugeben.

Leipzig-Almanach: Sie haben ja beide einen sehr persönlichen Zugang zur Astronomie. Was bedeutet die Himmelskunde für sie?

Boris von Poser: Ich bin eins von den Kindern gewesen, das von Astronomie sehr fasziniert war. Ich habe selbst noch ein ganzes Bücherbrett voll mit meinen alten astronomischen Kinderbüchern. Das ist auch in die Inszenierung mit eingeflossen. Da bin ich an meiner eigenen Faszination entlang gegangen.

Matthias Schiffner: Ja, das war ein sehr schönes Zusammentreffen, da du ja auch mit viel Spaß und Interesse, quasi mit denselben biographischen Wurzeln wie ich, mit den Sternen zu tun hattest. Das ist auch das Besondere und Schöne an dem Stück, dass es dadurch eine ganz echte Stückentwicklung geworden ist, die sich zu einem Eigenläufer entwickelt hat und die allen sehr viel Spaß gemacht hat …

Boris von Poser: … und eben auch viele erreicht. Man das mitbekommt, dass es für die Zuschauer einfach was Tolles und Ungewöhnliches ist.

Leipzig-Almanach: Vielen Dank für das Gespräch.

Von Göttern, Helden und anderen Raumfahrern

Sternenbildertheater von Matthias Schiffner, Regie Boris von Poser

Weitere Vorstellungen: 16./17. Februar, 9./10. März, 1./2. April, 20./21. April 2012

Spielort: Astrozentrum Schkeuditz, Bergbreite 1, 04435 Schkeuditz (Endstation Linie 11, Rathausplatz)


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