Tomte-Sänger Thees Uhlmann verzückt im Werk II mit einem überraschenden Soloprogramm
Auf der Bühne prangt ein großes Plakat. Zu sehen: ein blonder Mann, Lederjacke, die braune Gibson-Akustikgitarre lässig umgeschnallt. Er ist im Begriff zu gehen, so scheint es. Eine Aufbruchsstimmung liegt in dem Bild. Gehen wird er jedoch zum Glück nicht so schnell, erst liegen noch 90 Minuten Konzert vor ihm und dem Publikum. Denn dieser Mann ist Thees Uhlmann, Frontmann der Hamburger Band Tomte. Heute ist er ohne die Bandkollegen in Leipzig zu Gast, promotet sein im August 2011 erschienenes erstes Soloalbum. Und das wollen sich viele nicht entgehen lassen.
Nicht ausverkauft, aber doch gut gefüllt ist die Halle A des Werk II. Ein bunt gemischtes Publikum hat sich hier eingefunden um gemeinsam zu den sehnsuchtsvollen Liedern des Norddeutschen zu tanzen. Erstaunlich viele Jungs, auch ohne weibliche Begleitung, sind anzutreffen. Ansonsten findet man von Tocotronic- über Beatsteaks- bis hin zu Heavy-Metal-Fans so ziemlich alles. Und gerade das spricht für die Musik von Thees Uhlmann. Sie ist zugänglich, trotz ihrer speziellen Art, und erreicht die Menschen.
Wer jetzt an einen ruhigen Abend mit Akustikgitarre und Barhocker denkt, der irrt. Denn Uhlmann hat sich Verstärkung auf die Bühne geholt. Schlagzeug, Bass, zwei (weitere) Gitarren und ein Klavier unterstützen seinen markanten Gesang und machen die Veranstaltung zu einem Indie-Rockkonzert vom Feinsten. Beginnen sollte der Abend allerdings mit einem Mundharmonikasolo, das durch seine laute Schrille einen Aufschrei durchs Publikum jagt. Jetzt wo alle bereit und konzentriert sind, legt Uhlmann richtig los, legt sich von Anfang an ins Zeug. Und obwohl sein Repertoire an Liedern momentan noch etwas begrenzt ist, fehlt es dem Abend in keiner Weise an Vielfalt oder Abwechslungsreichtum. So spielen Uhlmann und Band eben nicht nur die elf Songs des Albums, sondern ergänzen das Ganze noch durch eine eigene Version von „Liebeslied“ der Toten Hosen.
Uhlmanns Texte sind, wie man das auch schon von Tomte gewohnt war, nachdenklich, stets eine Spur melancholisch aber niemals hoffnungslos. Sie handeln vom Fortgehen und vom Bleiben, von Heimat, Liebe, Sehnsucht. So besingt er beispielsweise in „Zum Laichen und Sterben ziehen die Lachse den Fluss hinauf“ die Herausforderungen des Lebens, die es zu meistern gilt und in „Die Toten auf dem Rücksitz“ die ungewisse Zukunft und den Aufbruch. Dabei zeigt er stets vollen Körpereinsatz und schafft es problemlos, das Publikum zu animieren. Schnell bringt er die textsicheren Zuschauer zum Mitklatschen und Mitsingen. Und auch wenn man mit Uhlmanns Liedern nicht ganz so vertraut ist, tut dies dem Konzert keinen Abbruch. Denn sie erschließen sich sofort beim ersten Hören, was bei vielen Bands nicht der Fall ist.
Zwischen den Liedern entstehen immer wieder kleine Pausen, die hier und da doch etwas zu lang sind. Doch da sich Uhlmanns Gitarre als nicht unbedingt stimmungsstabil zeigt, muss immer wieder nachgestimmt werden. Diese Unterbrechungen überbrückt er geschickt mit Erzählungen aus seinem Leben. Neben der offensichtlichen Professionalität des Musikers tut sich so auch seine charismatische Seite auf. Es macht ganz einfach Spaß ihm zuzuhören, egal ob er singt oder von seiner kleinen Tochter und dem gemeinsamen Spielplatzbesuch erzählt. So leitet er die meisten Lieder mit einer kleinen Geschichte ein und auch der nicht ganz so böse gemeint Zwischenruf einer Zuschauerin „Halts Maul und spiel‘!“ kann ihn da nicht aus dem Konzept bringen.
Das Publikum ist begeistert und gibt sich natürlich nicht ohne Zugabe zufrieden. Also kommen sie wieder auf die Bühne, spielen die letzten beiden, noch übrig gebliebenen Lieder. Als das Publikum selbst dann noch immer nicht genug hat, entschließen sich Thees Uhlmann und Band, einfach zwei Lieder erneut zu spielen. Das Jubeln und laute Mitsingen aller zeigt schließlich, dass sie auch mit dieser Entscheidung den Nerv der Zuhörer getroffen haben.
Thees Uhlmann
27. März 2012, Werk II
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Video zu „Zum Laichen und Sterben ziehen die Lachse den Fluß hinauf“
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