Humor ist … gekonnt über sich selbst zu lachen

Mit „Mozart hätte gelacht … (und Salieri auch)“ zeigt sich die Oper Leipzig experimentierfreudig

Fotos: Andreas Birkigt / Oper Leipzig

Kulturschaffende kennen das Problem: große Ideen, gute Schauspieler, aber keinen Etat. Diesem Problem stellt sich die Oper jetzt in ironisch-humoristischer Weise mit dem Stück Mozart hätte gelacht … (Salieri auch), das in dieser Form eine Uraufführung ist. Dies zeigt sich schon an der Bühne, die passend zum Budget natürlich klein ist. Der Orchestergraben wird eingespart, was dem Klang des Orchesters, das sich hinter der Vorderbühne befindet, nicht schadet.

Eingeführt wird der Abend vom Kabarettisten Chin Meyer, der uns zurück versetzt ins Jahr 1786. Das Jahr des Opernwettstreits zwischen Mozart und Salieri. Im diesem Jahr überraschte auch Kaiser Joseph II. anlässlich eines Staatsbesuches mit einem Experiment der besonderen Art: Er arrangierte einen außergewöhnlichen Wettstreit zwischen Mozart und Salieri. Diese komponierten für den Wettstreit jeweils einen Einakter. Auch wenn das Publikum sich damals für einen der beiden Komponisten entscheiden sollte, in diesem Opernamüsement muss es das nicht. Es kann das Pasticcio aus Mozarts Der Schauspieldirektor und Salieris Prima la musica e poi le parole einfach genießen. Unterbrochen wird die Musik durch das Geschehen auf der Vorderbühne. Der Impresario (Chin Meyer) will ein Vorsingen, neudeutsch: ein Casting veranstalten, immerhin ist das ja kostenfrei. Wenn daraufhin Maestro (Jochen Kupfer, Bariton) und Poeta (David Pichlmaier, Bariton) die Bücher entstauben, so ist dies symbolisch für diesen Abend: Auch die Oper entstaubt sich und wagt Neues.

Eingeladen werden zwei Sopranistinnen, die allerdings nicht wissen, dass die jeweils andere auch vorsingt. Nun bekommt der Zuschauer, unterbrochen von kabarettistischen Einlagen Chin Meyers, Primadonnengehabe der Extraklasse zu sehen und zu hören. Nicht nur das die Damen ihre weiblichen Reize gekonnt einsetzen, um die Rolle zu bekommen, die Herren der Schöpfung können vor diesen Waffen nur kapitulieren oder zum Kind mutieren.

Auch typische Klischees werden bedient: So würde der Impresario gerne seine Primadonna Tonina (Jennifer Porto) verführen und lädt sie kurzerhand auf die Besetzungscouch ein. Und während die Damen streiten, versucht der Impresario noch einen Tenor (Filippo Adami) zu casten.

Der historische Opernwettstreit von Mozart und Salieri wird in diesem Opernamüsement ad absurdum geführt. Nach dem beherzten Eingreifen des Tenors (Filippo Adami) beruhigen sich die Damen wieder und die großen Stimmen entfalten in Eintracht auf der kleinen Bühne ihre Wirkung.

Auch wenn der Abend gelungen ausfiel und sehr überraschte, so war an manchen Stellen die Komik dramaturgisch zu überladen. Wenn der Einsatz der Putzfrau (Katja Beer) zu Beginn noch dramaturgisch nachvollziehbar war, wurde sie von mir im Laufe der Handlung als störend empfunden. Auch für das Ende, indem sie von der Putzfrau zur Chefin mutiert, die den Etat streicht, hätte ich mir eine andere Lösung gewünscht. Diese überzogene Komik dieser Rolle war an diesem Abend ein Wehrmutstropfen.

Mozart und Salieri gelang damals mit ihren Aufführungen ein wahrer Theatercoup, der Oper Leipzig gelingt dies auch. Mit Witz und viel Ironie zeigt sie den täglichen Wahnsinn im Kampf um Etat, gute Stimmen und die Anpassung an ständig wechselndes Publikum. Dazu bedarf es auch der Improvisation. Dies hat die Oper bewiesen. Diese Aufführung zeigt, dass die Oper den Mut hat über sich und ihre Probleme zu lachen und dass es ihr zwar an Etat, aber nicht an großen Stimmen mangelt. Und Mozart hätte mitgelacht.

Mozart hätte gelacht … (Salieri auch)

R.: Gundula Nowack

Mit: Chin Meyer, Eun Yee You, Jennifer Porto, Jochen Kupfer, David Pichlmaier , Filippo Adami, Katja Beer und dem Gewandhausorchester.

Premiere: 2. Juni 2012, Oper Leipzig


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