„Ich habe nichts gegen Klamauk!“

Die Regisseure Christopher Köhler und Sebastian Börngen über ihre Inszenierung von Oscar Wildes „Bunbury oder Ernst sein ist alles“

Christopher Köhler und Sebastian Börngen (Fotos links und unten: Lisa-Marie Hobusch, Foto rechts: Miriam Vohla)

Die Cammerspiele bringen vor ihrer vorerst unbestimmten Pause Oscar Wildes „Bunbury oder Ernst sein ist alles“ auf die Sommertheater-Bühne in der Galerie KUB. Almanach-Autor Fabian Stiepert traf die zwei jungen Regisseure Christopher Köhler und Sebastian Börngen und sprach mit ihnen über Klamauk, die gemeinsame Regierarbeit und Crowdfunding.

Leipzig Almanach: Mit Sommertheater ist das ja immer so eine Sache. Es soll ja möglichst leichte Kost sein. Kann man trotzdem als Regisseur eigene künstlerische Ansprüche mit in die Inszenierung einbringen oder ist es wichtiger, ein möglichst großes Publikum zu erreichen?

Christopher Köhler: Ich habe mich im Vorhinein mit der Frage auseinandergesetzt, wie man Sommertheater inszeniert. Zuvor habe ich immer nur regulär für die Cammerspiele inszeniert und somit war mir gar nicht direkt bewusst, was die Form des „Sommertheaters“ genau definiert und was dabei vom Regisseur verlangt wird. Es soll etwas Leichtes sein und eine Geschichte bieten, die möglichst viele Leute ins Theater lockt. Trotzdem war es wichtig für mich auch hierbei einen gewissen Tiefgang in der Inszenierung bieten zu können, sodass durchaus eine Botschaft für den Zuschauer erkennbar ist und ihn im besten Fall zum Nachdenken anregt. Der typischen Merkmale einer Komödie sollen dabei aber auch nicht verloren gehen.

Leipzig Almanach: Mit euch beiden hat das Stück ja zwei Regisseure. Wie hat man sich in dem Fall die Inszenierungsarbeit vorzustellen?

Sebastian Börngen: Die Inszenierung hat insgesamt zwei Teile. Christopher wird hierbei den ersten Teil inszenieren. Der zweite Teil, der nach der Pause folgt, wird von mir inszeniert. Wir haben versucht beide Teile konzeptionell miteinander zu verbinden. Es wird also in beiden Teilen, trotz unterschiedlicher Regisseure, ein roter Faden erkennbar sein. Trotzdem wird es natürlich innerhalb der jeweiligen Teile erkennbare Eigenheiten der Inszenierung geben.

Leipzig Almanach: Kam es auch mal zu Konflikten oder Uneinigkeiten hinsichtlich der Regie des anderen?

Christopher Köhler: Um dem entgegenzuwirken haben wir uns vorher bereits getroffen, um uns gegenseitig die jeweiligen Ideen und Konzepte vorzustellen und auch genau abzustecken, wer für welchen Teil des Theaterabends verantwortlich sein wird. Den Anspruch, den wir damit gleichzeitig verbunden haben ist der, dass jeder auch seiner Linie treu bleiben kann und sich in seiner Funktion als Regisseur nicht verbiegen muss. Es ist ja bei dieser Arbeitsweise auch durchaus gewollt, dass zwei verschiedene Handschriften und Herangehensweisen an den Stoff erkennbar sind. Auch das kann ja für den Zuschauer mit einem gewissen Reiz verbunden sein.

Leipzig Almanach: Ihr beiden arbeitet ja nun mit einigen Mitwirkenden zum zweiten oder dritten Mal zusammen. Never change a winning team?

Christopher Köhler: Auch was den Stab und die Besetzung angeht, haben wir uns gut ergänzt. Einerseits sind ein paar Schauspieler aus meinen vorherigen Inszenierungen mit dabei, andere haben schon ein paar Mal mit Sebastian zusammengearbeitet. So kommt jeder von uns beiden auch mit neuen Leuten zusammen, darf aber zugleich mit alten Bekannten inszenieren.

Sebastian Börngen: Ich empfinde diesen schauspielerischen und personellen Input als eine Bereicherung. Auch hier ist es doch schließlich sehr spannend mit ehemaligen Mitstreitern arbeiten zu dürfen und beobachten zu können, ob die Zusammenarbeit mit neuen Gesichtern funktioniert.

Christopher Köhler: Es war uns und den Cammerspielen auch wichtig, dass im Sommertheater Schauspieler zu sehen sind, die schon einmal in den Cammerspielen aufgetreten sind. Das ist immerhin das letzte Stück vor der Pause, die erst einmal auf unbestimmte Zeit andauern wird.

Leipzig Almanach: Kommen wir vom Produktionsprozess einmal zum Stoff, den ihr für das Sommertheater ausgewählt habt. Wieso Oscar Wildes Bunbury oder Ernst sein ist alles?

Sebastian Börngen: Dieses Stück wird ja durchaus noch relativ oft auf die Bühne gebracht. Also warum nicht Oscar Wilde? Er hat eine wunderbare Sprache und seine Texte verfügen über eine enorme Komik. Zugleich ist er aber auch sehr tiefgründig und intelligent. Letzten Endes ist Bunbury einfach ein perfekter Stoff fürs Sommertheater. Bei der Abstimmung im Verein der Cammerspiele gingen sofort alle Arme nach oben, als Oscar Wilde vorgeschlagen wurde. Wenn sofort alle so positiv angetan sind von diesem Stoff, dann kann die Wahl nicht so verkehrt und der Text keinesfalls als altmodisch verschrien sein.

Leipzig Almanach: Bunbury ist eine klassische Verwechslungskomödie. Wie kann man das auf die Bühne bringen ohne dass es zum reinen Klamauk wird?

Sebastian Börngen: Ich habe nichts gegen Klamauk!

Christopher Köhler: Man kann diese Problematik des Klamauktheaters von zwei Seiten sehen. Entweder als Hindernis oder als Potenzial des Textes, welches sich unmittelbar anbietet. Ich hingegen bin nicht unbedingt ein Fan von stereotypen Witzeleien, trotzdem kann ich es in dieser Regiearbeit auch mal genießen, dass das Stück nicht so bierernst ist wie meine anderen Inszenierungen und deren Vorlagen es waren, wie zum Beispiel zuletzt Der Zementgarten. Eben weil es auch Oscar Wilde ist, der von Natur aus einen nicht von der Hand zu weisenden Tiefgang besitzt, kann man den Klamauk wunderbar nutzen, um vielleicht andere Aspekte dem Zuschauer vor Augen zu führen.

Sebastian Börngen: Meine letzte Inszenierung hier in den Cammerspielen war August Strindbergs Rausch. Ein sehr ernster Stoff und eine ausgesprochen düstere Geschichte. Deswegen freue ich mich hier nun auch einmal etwas Komisches, Witziges inszenieren zu dürfen. So gesehen ist das Wort Klamauk in dem Fall auch nicht negativ zu verstehen.

Leipzig Almanach: Eure Inszenierung wird unter anderem durch Crowdfunding finanziert. Kurz erklärt: Hierbei besteht die Möglichkeit per Internet auf dem Portal startnext.de zu spenden, was auch eurerseits auf verschiedene Weise – je nach Höhe des Spendenbetrags – honoriert wird durch Poster, DVD´s und für die mit den übergroßen Spendierhosen sogar mit einer kleinen Gastrolle. Ist das ein zukunftsfähiges Geschäftsmodell? Wie sind eure Erfahrungen?

Sebastian Börngen: Wir wollten generell dieses Finanzierungsmodell in erster Linie testen. Unser Ziel liegt bei 500 €, die es durch Spenden zu sammeln gilt. Der momentane Zwischenstand liegt bei knapp über 400 €. Bis nächste Woche sollten wir den gewünschten Betrag beisammen haben. Jedoch ist mit dem bloßen Erstellen einer solchen Spendenseite bei weitem noch nicht alles getan. Man muss die Leute mobilisieren auch wirklich zu spenden und anderen davon zu erzählen und für eine gewisse Aufmerksamkeit zu sorgen. Es gilt natürlich vor allem theaterbegeisterte Menschen zu aktivieren, die auch bereit sind zu spenden. So gesehen gibt es sicherlich anderen Projekte, die einfacher durch Crowdfunding zu finanzieren sind. Für unser Projekt funktioniert das Geschäftsmodell aber eigentlich ganz gut.

Christopher Köhler: Mir war Crowdfunding völlig neu. Nach Sebastians Hinweis habe ich mich darüber informiert und war mit dieser Herangehensweise an die notwendige Finanzierung einverstanden. Kulturschaffende aus den verschiedensten Richtungen fangen an Crowdfunding zu nutzen. Man sieht also, dass man damit durchaus Erfolg haben kann. Dank Crowdfunding erkennt man auch, dass Kunst und Kultur immer an Geld gebunden sind. Wir leben nun mal völlig fernab der oft beschworenen Gratiskultur.

Leipzig Almanach: Vielen Dank an euch beide für das Gespräch!

Bunbury oder Ernst sein ist alles

Regie: Sebastian Börngen, Christopher Köhler

Im Rahmen des Sommertheaters der Leipziger Cammerspiele

Premiere: 20. Juli 2012, Sommertheater-Bühne in der Galerie KUB

www.cammerspiele.de

Ein Kommentar anzeigen

  1. Seit gestern steht ja nun im Status unseres Crowdfunding-Projektes „Erfolgreich“. 🙂 Ich freue mich wahnsinnig mit Euch, dass wir es gemeinsam geschafft haben. Nun freue ich mich tierisch auf die Premiere am Freitag. Ich drücke Euch und dem gesamten Team ganz fest die Daumen, dass es ein weiterer großer Erfolg für unsere Cammerspiele wird!

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