Starensemble auf Pauschalurlaub

Woody Allen reist wieder. In diesem Jahr serviert er das lustige Liebe-Leid-Programm aus Rom. „To Rome With Love“ ist wie seine Vorgänger hochkarätig besetzt, schmeckt aber nach bloßer Ideenverwertung

Der Beifall ist nur teilweise gerechtfertigt. Woody Allens „To Rome With Love“ reiht Episoden aneinander, ohne sie zueinander in Beziehung zu setzen (Bilder: Ascot Elite)

Rom – die ewige Stadt. Liebe – das ewige Thema. Woody Allen – der ewige Regisseur. Bei mindestens einem Film pro Jahr seit den 70er-Jahren muss man schon staunen, wenn der Meister es (zum ersten Mal seit Scoop) auch mal wieder vor die Kamera schafft. Er spielt in To Rome With Love einmal mehr sich selbst. „Ich bin zu alt für die meisten Rollen. Vor allem bin ich zu alt, um das Mädchen zu kriegen. Und das gefällt mir nicht“, so Allen in einem Interview mit Zeit Online. „In meinem Alter kann man eigentlich nur noch Pförtner oder Onkel spielen. Das ist eine bittere Pille.“

Mit To Rome With Love scheint Allen außerdem seine Hommage an europäische Städte fortsetzen zu wollen. Nach Paris finden sich die Protagonisten versammelt in Rom wieder und ergeben sich dort vor malerischer Kulisse ihrem Lieben und Leben. Als Gegenpol zur US-amerikanischen Kultur gebraucht Allen wieder einmal Europa. Auch hier gibt es ein paar Amerikaner, die nach Europa kommen, um sich dort neu zu entdecken.

Gab schon in Allens Liebeskomödie „Vicky Cristina Barcelona“ (2008) die Verführerische: Penélope Cruz

Da gibt es zum Beispiel Jack (Jesse Eisenberg), einen jungen Architekturstudenten, der mit seiner Freundin Sally (Greta Herwig) eigentlich glücklich zusammenlebt. Doch Unheil kündet sich an, als sich deren beste Freundin Monica (Ellen Page) nach einer Trennung bei den beiden einnistet. Monica ist Schauspielerin und wenn auch äußerlich nicht gerade eine femme fatale, so scheint sie doch eine Faszination auf Jack auszuüben. Der alternde Stararchitekt John (Alec Baldwin), den Jack gerade kennen gelernt hat, sieht in seiner Altersweisheit das Unvermeidliche voraus und versucht Jack beständig zu warnen. Das Zwischenspiel der beiden ist erheiternd gespickt mit Pointen und Spitzen aus gewohntem Woody-Humor. Doch hilft es nicht: Jack ist schon hoffnungslos verloren.

Eine amüsantere Reflexion ist die Geschichte um Leopoldo (Roberto Benigni). Der führt eigentlich das ganz normale Leben eines Römers. Doch von einer Nacht zur anderen wird der Ahnungslose plötzlich ein nationaler Star. Warum, weiß er nicht. Anfangs noch geschmeichelt, kostet er das Prominentenleben und alles, was es an Angenehmen mit sich bringt, in vollen Zügen aus. Doch mit der Zeit nerven auch ihn die Paparazzi, die ihn auf Schritt und Tritt verfolgen, und er wird des Ruhmes müde. Auf die Frage Leopoldos an eine Journalistin, warum er denn überhaupt so berühmt sei, antwortet die nur: „Na, Sie sind dafür berühmt geworden, berühmt zu sein!“ Ein gewohnt bissiger Seitenhieb Allens an den hohlen Starkult sich ständig neu gebärender Medienmaschinen und ihre Reality-Star-Babys. Der etwas trottelig-naive Leopoldo ist Benignis Paraderolle.

Roberto Benigni spielt einen naiv-trotteligen Römer, der über Nacht zum Star wird

Derlei kleiner, skurriler Geschichtchen gibt es noch zwei weitere: Jerrys (Woody Allen) Tochter hat sich ausgerechnet mit einem römischen Kommunisten verlobt. Also fliegen er und seine Frau Phylis (Judy Davis) nach Rom. Während sie froh über ein wenig Urlaub ist, sieht er als alternder Opernregisseur seine Chance auf ein Comeback. Der Vater des Schwiegersohns ist nämlich nicht nur Bestattungsunternehmer, sondern auch ein Gesangsausnahmetalent … Währenddessen haben das gerade frisch getraute Ehepaar Antonio (Alessandro Tiberi) und Milly (Alessandra Mastronardi) ihre ersten Schwierigkeiten im Ehealltag. Für die Flitterwochen extra aus dem Süden nach Rom angereist, probieren beide das Römerleben aus. Dass sich Penélope Cruz alias Callgirl Anna plötzlich als Antonios spießbürgerliche Ehefrau ausgeben soll, ist Resultat Allens ganz eigener Verwechslungsspäße.

Schade nur, dass der Regisseur sich nicht die Mühe gemacht hat, diese Geschichten ineinander zu weben. Deshalb bleibt ein wenig das Gefühl der Ideenverwertung zurück. Hochkarätig besetzt (Gastauftritt Ornella Muti!), bleibt To Rome with Love im Vergleich zum magischen Midnight In Paris allenfalls ein nettes Augenschmankerl: Die skurrilen Geschichten (Opern-Duscher) und phantastischen Elemente (John & Jack), der eigenwillige Humor Allens und das Selbstreferenzielle heben To Rome with Love zwar von anderen banalen Good-Feel-Movies ab, trotzdem reicht auch hier die Halbwertszeit nicht länger als einen Tag.

Eindeutiger Star des Films bleibt auch die Stadt Rom selbst, die in romantisch-verklärten Bildern für Touristen in Szene gesetzt wird. Allen fängt seine Vorstellung vom chaotischen und sinnlichen Lebensgefühl der Römer gekonnt ein und lässt es über die Protagonisten wieder in die Handlung einfließen. Auch deswegen hat man nach dem Kinobesuch das Gefühl – ob man es nun mag oder nicht –, einen Hauch mediterrane Sonne auf seiner Nase gespürt zu haben.

To Rome With Love

USA 2012, 110 Minuten

Regie: Woody Allen; Darsteller: Woody Allen, Alec Baldwin, Roberto Benigni, Penélope Cruz, Judy Davis, Jesse Eisenberg, Greta Gerwig, Ellen Page

Kinostart: 30. August 2012


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