Montauk bis Sonntag

Sarah Kirschs „Märzveilchen“ sind Tagebucheintragungen über die scheinbaren Banalitäten des Lebens

Der Schriftstellerberuf bringt es mit sich, dass einige, die ihn ausüben, das Recht auf ein Einsiedlerleben nur allzu gern in Anspruch nehmen. Die Lyrikerin und Malerin Sarah Kirsch hat es sich beispielsweise im winzigen Tielenhemme in Schleswig-Holstein gemütlich gemacht und möchte da auch gar nicht mehr weg. Diese und diverse andere Befindlichkeiten kann man dem neuesten Tagebuchband Märzveilchen entnehmen, welcher den Zeitraum Dezember 2001 bis September 2002 abdeckt. Ereignisreiche neun Monate waren das. Der Euro wurde eingeführt und der Schrecken nach dem 11. September hielt noch lange Zeit an.

Sarah Kirsch kommentiert die Ereignisse dieser Monate in ihren Tagebuchnotaten lapidar und mit viel Wortwitz. Da wird der Mittwoch dann auch gerne mal zum „Mistwoch“ und der Montag zum „Montauk“ und wenn in der Welt mal keine Terroranschläge oder Hochwasser passieren, dann wird eben vom Wetter geschrieben oder darüber, was so im Fernsehen kommt. Die schleswig-holsteintinische Idylle und die in der Welt herumgehende Angst vor Terrorismus sind ein spannendes Gegensatzpaar und beweisen, dass man selbst in der entferntesten Einsiedelei nicht vor den Schrecken der Welt sicher ist. Die Lektüre von Märzveilchen ist ein wenig wie ein Plausch am Gartenzaun mit einer älteren Nachbarsdame: gelegentlich etwas anstrengend bis nervig, aber man möchte auch nicht darauf verzichten.

Sarah Kirsch: Märzveilchen

DVA

München 2012

240 S. – 19,99 Euro


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