Vom 3. bis 5.Oktober 2012 findet am Theater der Jungen Welt zum dritten Mal das überregionale Autorentreffen „Boxenstopp-Werkstatt der Autoren – Neue Stücke für Kinder“ statt. Dramaturgin und Programmkoordinatorin Marion Firlus spricht im Interview über die Besonderheit des Autorentreffens, die Stücke und das Rahmenprogramm
Leipzig Almanach: „Boxenstopp“ war bisher ein Teil der Werkstatt-Tage, die auf Grund fehlender finanzieller Mittel nicht mehr ausgerichtet werden können. Welche Mission steht dahinter gerade „Boxenstopp“ weiterzuführen?
Marion Firlus: Die Situation, aus der heraus die Idee „Boxenstopp“ vor nunmehr fast fünf Jahren geboren wurde, hat sich ja nicht wesentlich geändert: Wir beklagen immer noch einen Mangel an anspruchsvollen Kinderstücken, die sich an große, existentielle Themen wagen und auch sprachlich und ästhetisch überzeugen. Und da Klagen allein noch nichts verändert, haben wir gemeinsam mit dem Zentrum für Kinder- und Jugendtheater in Frankfurt am Main und der Assitej Deutschland das „Boxenstopp“-Projekt entwickelt, um einen Anschub dafür zu leisten, dass mehr gute Autoren das Kindertheater für sich entdecken.
Leipzig Almanach: „Boxenstopp“ muss jetzt als eigenständige Veranstaltung funktionieren. Wurde dafür das Konzept verändert?
Firlus: Der Kern – die Werkstatt-Aufführungen, dieser erste Praxistest der neuen Stücke – ist geblieben. Dazu gekommen ist ein umfangreiches Rahmenprogramm, das dieses Arbeitstreffen darüber hinaus attraktiv für Theater und Verlage macht. Podiumsgespräche zu aktuellen Fragen, die uns gerade umtreiben, Gastspiele, die auch für das Nicht-Fach- Publikum interessant sind sowie Tischgespräche zu den „Boxenstopp“-Aufführungen. Außerdem gibt es ein Bühnenbildseminar, in dem angehende Szenographen mit den Stücktexten performativ arbeiten und ihre Ergebnisse am Ende der drei Tage der Öffentlichkeit vorstellen. Aber auch in dieser Hinsicht gilt der Praxistest – wir probieren Formate aus, um danach zu entscheiden, was bleibt, beziehungsweise was kann und muss verändert werden.
Leipzig Almanach: Das Theater der Jungen Welt engagiert sich sehr stark für qualitatives Kinder- und Jugendtheater. Welche Effekte erhofft sich Ihr Haus vom
„Boxenstopp“?
Firlus: Natürlich gute neue Stücke für uns und unser Publikum, mehr Mut der Theater, diesen Stücken dann auch eine Chance auf der Bühne zu geben, ein besseres Miteinander von Autoren und Theatern und nicht zuletzt einen Aha-Effekt für die Autoren, die ihr Stück hier einer ersten Feuerprobe aussetzen. Was die guten neuen Stücke angeht, noch ein kleiner Nachtrag: Immerhin haben mit Um die Ecke von Bernhard Studlar und Ich bin ein guter Vater von Jörg Menke-Peitzmeyer schon zwei „Boxenstopp“-Kinder der vergangenen Jahre ihren Weg auf unseren Spielplan gefunden und nicht nur auf unseren…
Leipzig Almanach: Gezeigt werden drei Werkstatt-Präsentationen zu sehr ernsten Themen wie Magersucht oder Demenz. Warum haben gerade diese Themen die Jury überzeugt?
Firlus: Ein Thema allein wird keine Jury überzeugen, da gehört schon noch etwas mehr dazu: eine Geschichte, die genügend Tiefe hat, um Spuren zu hinterlassen, Glaubwürdigkeit, die spezifische Art des Erzählens, um nur einiges zu nennen… Was die ernsten Themen betrifft: Kinder leben ja nicht unter einer Glasglocke, sie werden mit diesen Dingen in ihrem Alltag konfrontiert, sie gehören zu ihrer Lebenswirklichkeit und damit gehören sie auch auf die Bühne.
Leipzig Almanach: „Boxenstopp“ ist vor allem an Fachpublikum gerichtet. Welche Möglichkeiten gibt es für interessiertes Publikum, die Vorstellungen zu besuchen?
Firlus: Kein Praxistest ohne den eigentlichen Adressaten der Stücke, das junge Publikum! Vom Austausch mit den Zuschauern nach den Vorstellungen erhoffen wir uns zusätzliche Impulse für die Arbeit der Autoren. Also: Alle Vorstellungen und Podiumsgespräche bis hin zum abschließenden Kampf der Giganten mit Paul Maar und Volker Ludwig sind natürlich auch offen für interessierte Zuschauer.
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