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Fritz J. Raddatz’ „Beastiarium der deutschen Literatur“ ist ein vergnüglich-satirischer Literaturkanon

Fritz J. Raddatz, der vor zwei Jahren mit seinen Tagebüchern 1982–2001 vollkommen zu Recht für sehr viel Aufsehen gesorgt hat, hat nun ein Buch verfasst, das man, würde es sich um einen Film handeln, als Remake bezeichnen würde. Vor fast 90 Jahren erschien Das große Bestiarium der deutschen Literatur des mittlerweile wohl vergessenen Autors Franz Blei. Das Bestiariu“ war damals ein absoluter Erfolgstitel im Rowohlt Verlag und damit bereits ein Bestseller, bevor es den Begriff im deutschen Sprachraum gab. Die Idee hinter Bleis und Raddatz’ Buch ist dabei so einfach wie unterhaltsam: Die bedeutenden Schriftsteller unserer Tage werden in kurzen zoologischen Betrachtungen vorgestellt, allerdings nicht mit ihrem menschlichen Antlitz, sondern mit einem zu ihnen passenden Tier.

So wird Peter Kurzeck zum Igel (was nur logisch ist, da die Igel eine nicht unbedeutende Rolle in seinem Roman Vorabend spielen), der den Herbst riechen kann und an die Unsterblichkeit glaubt. Herta Müller ist eine „nach dem Balkan abgewanderte Abart der Abgottschlange“, die besonders sensibel auf unliebsame Verfolger reagiert. Zugegeben, man braucht schon ein wenig Wissen über Werk und Biographie der fast 80 porträtierten Autoren, um den wie immer eleganten und von Klaus Ensikat wunderbar verspielt illustrierten Texten von Fritz J. Raddatz etwas abgewinnen zu können. Aber Satire ist nunmal kein karnevalistischer Schenkelklopfer, sondern ein feiner, spöttelnder Humor, der auf die Bildung des Menschen setzt. Ergo: Eine nicht ganz einfache Disziplin der komischen Kunst. Fritz J. Raddatz beherrscht sie aus dem Effeff.

Fritz J. Raddatz: Bestiarium der deutschen Literatur

illustriert von Klaus Ensikat

Rowohlt

Hamburg 2012

144 S. – 19,95 Euro

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