Coelhos Kalendersprüche

Paulo Coelhos „Die Schriften von Accra“ ist selbstverliebter Etikettenschwindel

Mit Paulo Coelho ist das so eine Sache: Alle paar Jahre greift man zu einem seiner Bücher und will sich der Tatsache versichern, dass es wirklich so banale Botschaften sind, die der brasilianische Wellnessprophet zu verkünden hat. Bei Die Schriften von Accra hat das System Coelho nun eine ganz neue Dimension der Dreistigkeit gewonnen. Das narratologische Gerüst für Coelhos Predigten über Liebe, Glaube, menschliches Miteinander und Sexualität ist nämlich derartig dünn, dass man sich wirklich fragen muss, wie weit der Größenwahn Coelhos mittlerweile gediehen ist. Immerhin verspricht der Klappentext Antworten auf die großen Fragen des Lebens.

Aber was kriegt man wirklich? Sehr simple Fragen mit noch simpleren Antworten von einem Prediger, der im Jahre 1099 vor den Toren Jerusalems steht und auf offensichtlichste Weise eine reine Stellvertreterfunktion für den Autor selbst einnimmt. Selten waren 180 mehr als großzügig bedruckte Seiten so lang, eben weil hier nur Dinge geschrieben stehen, die derartig selbstverständlich sind, dass sie keiner schriftlichen Fixierung benötigen. Eine esoterisch angehauchte Mixtur aus historischer Fiktion und simpelsten Kalenderweisheiten, für die man schon über äußerst wenig Lebenserfahrung verfügen muss, um sich daran zu erbauen. Dieses Buch beweist aufgrund seiner reißenden Absatzzahlen mal wieder, dass man den größten kommerziellen Erfolg dann erzielt, wenn man den Leuten nach dem Mund redet. Die Auseinandersetzung mit anderen Denkweisen und Weltbildern gehört seit jeher zu den grundsätzlichen Herausforderungen der Literatur. Paulo Coelho dagegen umschifft die Wünsche eines ansatzweise gebildeten Lesers durch die seichtesten Gewässer.

Paulo Coelho: Die Schriften von Accra

Diogenes

Zürich 2013

192 Seiten, 17,90 Euro


Ein Kommentar anzeigen

  1. Roche habe ich beide gelesen, muss ich gestehen. Auch Shades of Grey ging nicht an mir vorrüber. Kontaktaufnahme dann am besten über die Redaktion 🙂

    Viele Grüße,

    F.

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