Das ist unser Geschick

Alexander Lang und Stephan Gerstmann zeigten in der Leipziger Globusfabrik „Existentielles“

Blick in die Ausstellung (Alle Fotos: Ole Sasse)

Mit schwerer Symbolik aufgeladene, fast schon als pathetisch zu bezeichnende Arbeiten wurden in der Ausstellung Existentielles in den Räumen der Globusfabrik präsentiert. Alexander Lang und Stephan Gerstmann arbeiteten in ihrer gemeinsamen Ausstellung mit Symbolen und Bildern, die so oder so ähnlich in der Popkultur häufig aufgegriffen werden, sei es von Künstlern wie Jonathan Meese oder in etlichen Musikvideos. Der derart sozialisierte Besucher hat jedenfalls entsprechend viele Assoziationen, die sich leicht überlagern können und so die Kunst hinter sich verschwinden zu lassen drohen. Dass dies aber in der Globusfabrik nicht passiert, liegt an der starken Präsenz der Installationen, die sich immer wieder ins Zentrum der Aufmerksamkeit schieben.

Über einem riesigen, schwebenden Pentagramm, welches sich aus strahlenden Leuchtstoffröhren zusammensetzt, hängt ein verkohltes Kreuz. Diese Situation führt den Besucher ein in die Welt des Existentiellen. Die Installation lässt ihn einen ersten Blick werfen auf die Weite des Feldes, welches beackert werden soll. Für Kleinigkeiten und Nebensächliches gibt es hier keinen Platz. Im nächsten Raum liegt dicker, weißer Nebel in der Luft, das helle Licht macht es schwierig, durch ihn hindurch zu blicken. Die Szenerie wirkt surreal und übernatürlich, als hätte man ein Himmelreich betreten, oder aber eine den Hollywood-Studios entliehene Moorlandschaft. Denn auf dem Boden liegen braune Puppen, die wohl vor langer Zeit menschlich gewesen sein sollen. Die Gliedmaßen und Köpfe sind noch zu erkennen und sie sind ineinander verschränkt. Diese Menschen wurden beim Sex von ihrem Ende überrascht, sind mitten im Leben erstarrt, wie einst die Bewohner Pompejis, als der Vulkan sie auslöschte.

Im nächsten Raum komplette Dunkelheit, hinter den Gegensätzen kann man wohl Konzeption vermuten ohne sich allzu weit aus dem Fenster zu lehnen. Zunächst erkennen die vom Vorraum noch geblendeten Augen nichts. Allmählich gewahrt man etwas zu seinen Füßen. Es ist ein Loch, ein Grab wahrscheinlich. Ein leeres Grab. Subtilität und Dezenz sind mit Sicherheit keine Begriffe, die dem Besucher der Globusfabrik in den Sinn kommen werden. Zum Glück. Denn es ist grade der selbstbewusst zur Schau gestellte, bestimmende Gestus des Existentiellen (das sich selbst ja auch vor niemandem erklären muss), der die Ausstellung auszeichnet.

Der zweite Teil der Ausstellung ist im Obergeschoss aufgebaut und widmet sich der Fotografie, Malerei und Radierung. Natürlich besteht durch die Medien eine mögliche Problematik darin, nicht an die Art der Eindringlichkeit des ersten Teils anknüpfen zu können. Leider bestätigt sich diese Befürchtung. Für sich genommen sind die Arbeiten zwar durchaus einen Besuch wert, nach der Erfahrung der Installationen aber scheinen sie oben gelobtes Selbstbewusstsein doch wieder ein wenig zurück zu nehmen und das Drastische etwas zu entschärfen. Auch hier geht es um Gegensätze. Religiöse Symbolik wird in modernen Ikonen neu interpretiert, es geht um Liebe, deren Selbstinszenierung von scheinbarer Low Culture in scheinbare High Culture überführt wird. Trotz der räumlichen Trennung durch ein ganzes Stockwerk verlieren diese Werke im Vergleich zu den Installationen des Erdgeschosses unangemessen stark an Wirkung.

Das diese Arbeiten weniger enthusiastisch aufgenommen werden, zeigt allerdings bloß, wie hoch Lang und Gerstmann selbst die Ansprüche des Besuchers geschraubt haben. Im Rückblick auf die Ausstellung wirkt alles sehr groß, sehr einfach, aber dennoch nie eindeutig. Die Dunkelheit steht dem Hellen gegenüber, Leben und Sex in Ewigkeit erstarrter Pose dem Tod, das Gute dem Bösen, allein man weiß nicht, was was ist. Auf diese Art nähern sich die beiden Künstler überzeugend dem Existentiellen und machen nicht den Fehler, großen Themen mit Anekdoten beikommen zu wollen.

Existentielles

Installation – Fotografie – Radierung

Neue Arbeiten von Alexander Lang und Stephan Gerstmann

Die Ausstellung war zu sehen vom 15.02. bis zum 31.03.

www.tinyurl.com/globusfabrik

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