Die selbstironische Diva

„Unterwegs mit Mum“ bietet Barbra Streisand in ihrer ersten Hauptrolle seit fast 20 Jahren und solide Unterhaltung

Die Chemie zwischen Barbra Streisand und Seth Rogen als Mutter und Sohn stimmt ― und trägt den Film (Foto: Paramount Pictures Germany)

Andy Brewster (Seth Rogen) ist ein Nerd, der gerne unterschätzt wird. Nach seinem Chemiestudium hat er sich fernab seiner Mutter Joyce (Barbra Streisand) in Los Angeles abgesetzt und viel Zeit, Geld und Energie in die Entwicklung eines rein pflanzlichen Putzmittels verwendet, das er nun an eine große Handelskette verkaufen möchte. Bevor er eine Reihe von Meetings abklappern muss, schaut er allerdings nochmal bei seiner Mutter vorbei, die seit dem Tod von Andys Vater alleine lebt und sich auch gar nicht so recht neu verlieben mag. Das durchaus harmonische Mutter-Sohn-Verhältnis wird nur durch die Überbehütung seitens Joyce und die seltenen Anrufe von Andy beeinträchtigt. Als Andy von seiner Mutter erfährt, dass sie noch eine alte Liebschaft aus den Zeiten vor seinem Vater in San Francisco sitzen hat, fasst er sich ein Herz und nimmt seine Mutter mit. Immerhin gilt es seiner Mutter auch zu beweisen, was für ein guter Geschäftsmann er ist.

Selbstverständlich ist das eine ziemlich vorhersehbare Handlung und außerdem unglaublich amerikanisch hinsichtlich des Wertebilds einer intakten Familie, die nur durch gegenseitige Nähe und Respekt vor der älteren Generation bestehen kann. Trotzdem macht Unterwegs mit Mum durchaus Spaß, weil die Chemie zwischen Rogen und Streisand einfach stimmt. Angeblich soll ja sogar Streisands leiblicher Sohn Gerüchten zufolge ein wenig neidisch gewesen sein auf das gute Verhältnis vor und hinter der Kamera. Wenn man dann auf der Kinoleinwand sieht, wie gut die beiden sich die Bälle zuspielen, verwundert einen das gar nicht so sehr.

Außerdem ist es erfreulich, dass Seth Rogen es endlich schafft, schauspielerisch eine größere Bandbreite von sich zu zeigen. Schon in Take this Waltz (vgl. Leipzig-Almanach vom 25.03.13) musste er sich vor Schauspielgrößen wie Michelle Williams nicht verstecken. Vielleicht haben da die paar Kilo weniger, die Rogen mittlerweile auf den Rippen hat, ihren kleinen Beitrag geleistet. Wo auch immer Rogens Schauspielerqualitäten auf einmal herkommen, er möge sie beibehalten. Hamsterbacken und ein markantes Lachen sind schön und gut, reichen aber in der Regel nicht aus, um eine Schauspielerkarriere am Laufen zu halten.

Und dann ist da natürlich noch Barbra Streisand, eine der letzten Diven, die wir noch haben. In der Rolle der Joyce Brewster macht es ihr aber gar nichts aus im Jogginganzug durch ihr Haus zu tigern, M und M´s im Bett zu naschen und als Sparfüchsin jeden Cent zweimal umzudrehen. Man mag Streisand genial finden oder sie für eine überperfektionistische Kitschkuh halten. Egal, wie man zu ihr steht, die Rolle der Joyce bietet sehenswerte Momente der Selbstironie, die zum Beispiel dann schmunzeln lassen, wenn Joyce mit leuchtenden Augen durch Las Vegas läuft und Streisand nach unzähligen Auftritten in der Glitzermetropole so tut, als wäre sie noch nie da gewesen. Wenn sie dann noch im Lauf des Films ein 2-Kilogramm-Steak verputzt und die einzige F-Bomb („Drink your fucking water!“) im Film zündet, dann ist das weiß Gott keine große Schauspielkunst, aber ausgesprochen charmant und sympathisch.

Unterwegs mit Mum ist eine ideale Komödie für den etwas verregneten Sonntagnachmittag. Für ein beherztes Kichern reicht der etwas arg brave Humor (selten sah man in einer „Topless Bar“ so viele bekleidete Frauen, wie in diesem Film) absolut aus, und somit kann man sich den Film auf jeden Fall auch mit seiner eigenen Mutter anschauen. Und wem die Tickets zum Preis von bis zu knapp 600€ für die beiden Konzerte von Barbra Streisand in diesen Sommer in Köln und Berlin zu teuer waren, der nehme mit diesem gesangsfreien Film vorlieb. Wer weiß, wann eine so gut gelaunte Diva nochmal auf die Leinwand zurückkehrt.

Unterwegs mit Mum

USA 2012, 96 Minuten

Regie: Anne Fletcher; Darsteller: Seth Rogen, Barbra Streisand, Yvonne Strahovski, Adam Scott

Kinostart: 18. April 2013


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