Von Schriftstellern und Kunsträuberinnen

Zwei neue Comics im Reprodukt-Verlag zeigen, was in Sachen Bildgeschichten möglich ist


David Zane Mairowitz & Robert Crumb Kafka

Er gilt als der meist gelesene Schriftsteller der Welt und es gibt sogar ein mittlerweile zu häufig gebrauchtes Adjektiv (absurd ist nun mal nicht gleich kafkaesk) in den Wörterbüchern. Franz Kafka ist ein Paradebeispiel für das augenscheinlich Einfache in der Welt der Literatur, das sich im Nachhinein als ungemein schwierig erweist. Genau davon erzählt auch Robert Crumbs Kafka-Comic, der bereits 1993 erschienen ist und nun bei Reprodukt neu aufgelegt und von David Zane Mairowitz mit den entsprechenden Texten versehen wurde.

Neben Kafkas Leben werden auch einzelne Romane und Erzählungen in Comics – welches Wort bietet sich da besser an? – verwandelt. Dabei bleiben die Comics in der Regel eher elegante Inhaltsangaben, die Appetit machen auf die „richtigen“ Bücher. Schließlich ist es auch die Verquickung von Literatur und Leben, die Kafka bis heute zu einem Faszinosum macht, wie er es sich zu Lebzeiten niemals erträumt hätte. Von daher macht diese Arbeitsweise im Changieren zwischen biographischer Nacherzählung und Werkeinführung nur Sinn.

Crumbs und Mairowitz’ Kafka ist ein idealer Einstieg in den Kosmos des Prager Schriftstellers, dessen Ringen mit der eigenen jüdischen Identität meisterhaft in eine Bildsprache übersetzt wurde, die an den richtigen Stellen ernst bleibt, aber auch humoreske Passagen nicht scheut. Gut so! Denn der heutige touristische Hype, den die Stadt Prag rund um einen ihrer bekanntesten Söhne veranstaltet, ist auch nichts weniger als eine Pointe, die zwischen Bitternis und Lächerlichkeit changiert.

175 Seite, schwarz-weiß, 17 Euro


Bastien Vivès, Ruppert & Mulot Die große Odaliske

Alex und Carole sind Kunsträuberinnen aus Leidenschaft und absolute Hyperprofis in ihrem Job. Als sie den Auftrag erhalten, Ingres’ Die große Odaliske aus dem Louvre zu klauen, brauchen sie auf jeden Fall eine dritte im Bunde. Also wird die Motorradakrobatin Sam mit ins Team aufgenommen, um den Coup durchführen zu können. Klingt wie der feuchte Traum kleiner, kunstliebhabender Jungs? Das ist es auch!

Die drei Zeichner Bastien Vivès, Florent Ruppert und Jérome Mulot lassen ihre Heldinnen ungehemmt rauben und schießen und spendieren ihnen nebenher noch jede Menge Explosionen, wilden Sex und Drogenexzesse. Das ist Power-Pop-Feminismus, wie man ihn selten gesehen hat und es macht einen Heidenspaß, dieses Trio infernale zu begleiten. Die bewusst grob gehaltenen Zeichnungen sprengen dabei derart unsere Sehgewohnheiten, dass es sich manchmal so anfühlt, als würde man sich einen Actionfilm mit Freejazz-Soundtrack ansehen. Ein völlig abgedrehter Comic und nichts weniger als ein richtiges Kunstwerk, das man sich ins Buchregal stellen kann.

122 Seite, Farbe, 20 Euro


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