Dieser Spur kann man nur folgen…

Der Westflügel zeigt mit „Autumn Portraits“ einen Klassiker des zeitgenössischen Puppentheaters

Foto: Westflügel

Als Klassiker und Inspirationsquelle des zeitgenössischen Puppentheaters bezeichnet man Autumn Portraits unter der Regie von Richard Edelmann, das schon in den 80er-Jahren seine Premiere feierte. Da sind die Erwartungen hoch – und werden zumindest von Eric Bass, der sich für Spiel und Ausstattung verantwortlich zeichnet, auch mehr als erfüllt.

Dessen Nähe zu seinen Puppen ist ihm deutlich anzumerken, wenn er sie in insgesamt sechs kleinen Szenen zum Leben erweckt: Da tritt Bass, mit Narrenkappe sehr präsent auf der Bühne, zunächst in einen Wettkampf mit einer Figur. Die Aufgabe: Wer schafft es am schnellsten, zwei verknoteten Seile voneinander zu lösen? Es ist immer auch im Wettkampf gegen die nicht stoppen wollende Sanduhr, gegen die Zeit. Im nächsten Teil verschwindet er hingegen gekonnt hinter seiner Puppe mit Hut und Spazierstock, die nun ein Liedchen zum Besten gibt und den Entertainer spielt. Besonders ansprechend ist die darauf folgende dritte Szene, in der noch eine weitere Ebene hinzugefügt wird: Bass‘ Puppe, dieses Mal ein alter Mann mit einem langen rotem Mantel und schütterem grauen Haar, erzählt eine Geschichte von einer kleinen Familie und deren Unglück mit einem Adler und verwendet dafür wiederum Masken. Ein schöner Trick um auf das Spiel im Spiel aufmerksam zu machen, der den Puppenspieler nun völlig in den Hintergrund geraten lässt und alle Aufmerksamkeit auf das kleine Bühnenbild – nur ein schwarz verkleideter Tisch mit wenigen Requisiten – lenkt.

In der nächsten Szene ist ein Mönch zu sehen, der sein Heil im Spirituellen sucht, jedoch nicht so richtig fündig zu werden scheint; in einer weiteren ein jüdischer Schuhmacher in seiner humorvollen Verhandlung mit dem Todesengel: „Gehen Sie ruhig schon mal vor, ich werde Sie schon einholen.“ So liebevoll gestaltet die Puppen sind und so kleine eigenwillige, eigenständige Charaktere da geschaffen werden, inhaltlich bleibt der Abend leider weitestgehend flach und bietet keine Anregung hinsichtlich der Beschäftigung mit dem unausweichlichen Tod. Außer, dass sich jede der Puppen bezüglich ihres Alters im „Herbst ihres Lebens“ befindet, mag keine übergeordnete Beschäftigung mit dem Thema Alter und Tod zustande kommen oder thematisch wirklich überzeugen.

So tut man am besten daran, dem Schlussfazit des Schumachers Folge zu leisten: „Wenn dich etwas anspricht, dann musst du folgen.“ Während der Schuhmacher schlussendlich den Todesengel begleitet, so folgt der Zuschauer während dieses kurzweiligen Abends eben weniger dem Text als dem präzise und liebevoll ausgeführten Puppenspiel. Und diese Spur schmälert den Genuss des Abends keineswegs.

Autumn Portraits – Herbstportraits

Sandglass Theater (Vermont, USA)

Spiel, Konzeption und Ausstattung: Eric Bass

Regie: Richard Edelmann

Lindenfels Westflügel, 26. Oktober 2013


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