„Du bist so blass“

Der Auftakt der Schiller-Trilogie am Schauspiel Leipzig präsentiert mit „Kabale und Liebe“ etwas Kabale mit wenig Liebe

Foto: Rolf Arnold

Bockig erzittert der Blumenstrauß, den Wurm zwischen Miller und Millerin streckt. Miller und Millerin (Matthias Hummitzsch, Ellen Hellwig) schert das wenig, sie stecken in leicht frivolen Zänkereien fest. Blütenblätter fliegen nach links und rechts, die Worte fliegen zwischen den beiden, alles ganz boshaft heiter, bis Wurm den trotzzerfledderten Blumenstrauß beiseite wirft. Er flieht ins Dunkel der Bühne. Der eiserne Vorhang hebt sich, ein Schlagzeuger mitsamt Schlagzeug wird von der Decke hängend gelassen, drei kreisrunde Podeste unterschiedlicher Größe kreiseln, eine schwarze Bühne, auf ihr die Überreste eines Blumenstraußes.

Ein charmanter Auftakt für einen netten, aber risikoarmen Abend am Schauspiel Leipzig.

Georg Schmiedleitner inszeniert diesen ersten Teil der angekündigten Schiller-Trilogie des Hauses, Kabale und Liebe, worauf in der nächsten Spielzeit Maria Stuart folgen soll. Die Homepage des Hauses verrät allerdings nicht, ob sich dann ein anderer Regisseur an die Fortsetzung wagt.

Zur musikalischen Verstärkung hat Schmiedleitner sich den Schlagzeuger Paul Tetzlaff herangeholt, der baumelt über den Köpfen der Darsteller und begleitet die szenischen Übergänge. Nur einmal wird er auf seinem Rondell weiter heruntergelassen und droht Ferdinands Vater (Andreas Keller) zu erdrücken. Der wiederum beglückt in seiner Leistung, einem eindimensional inszenierten Charakter seine Vielschichtigkeit zurück zu verleihen.

Die Übergänge sind es, die dem Abend etwas Tempo verschaffen, kleine Akzente in einem schwelenden Wortgeschwaber. Auf dem Präsentierteller dieser drei zahnlosen Zahnräder, diesen kreiselnden Podesten, treiben die einzelnen Figuren, mit einem kleinen Tipp auf die Nase, sie alle sind verloren in den getakteten Fugen ihrer Gesellschaft. In den Phasen zwischen diesen Akzenten treibt das Publikum mit, hier und da wird ein Lacher eingestreut, hält wach, hält den Zuschauer am Geschehen dran. Schließlich hat ein Stadttheater ja auch einen Bildungsauftrag: Schulklassen sollen sich nicht langweilen, deshalb gibt es auch mal Pailletten und Strapse (Julia Berke, an diesem Abend durch Bettina Schmidt vertreten).

Die Balance zwischen Text, Bewegung und Bild ist vorhanden, die Darsteller sind mit Ausnahme einer leistungsblassen Luise (Pina Bergemann) durch die Bank weg fähig bis hervorragend.

Alles ist schön, alles ist nett, alles ist befriedigend und dröge. Einen Klassiker neu aufzulegen bringt die Sorge mit sich, dass er verstaubt sein könnte, und die Hoffnung, dass dieser vom Team weggepustet werden kann. Das ist bei einer thematisch gegenwärtigen Geschichte wie Kabale und Liebe eigentlich nicht schwer. Doch da vorne auf der Bühne keucht Wurm (Dirk Lange) ein wenig, nachdem er Kreidereste eingeatmet hat. Zahnlose Zahnräder mahlen nicht, sondern gleiten aneinander vorbei, da oben baumelt immer noch der Schlagzeuger. Der Abend verbleibt nett, unterhaltsam, eindruckslos.

Kabale und Liebe – Schauspiel Leipzig

Regie: Georg Schmiedleitner

Premiere: 15.02.2014


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