Porträt eines Schlaflosen

Das Objekttheater Playground beeindruckt wortlos im Westflügel

Foto: Playground

Kein Wort, nicht ein einziges. Zunächst nur Stille, dann das Kratzen eines Löffels und das leise Summen des Beamers. Xavier Bobé vom Objekttheater Playground hat seinen Platz in der Dunkelheit der Bühne bereits gefunden, als die Zuschauer den Raum betreten. Unbewegt sitzt er an seinem Tisch, dem Publikum den Rücken zugewandt. Dann beginnt die Kamerafahrt, an die Wand werden Objekte geworfen, die im Laufe des Stückes noch wichtige Rollen einnehmen sollen. Doch alles zu seiner Zeit. Die Spieler von Playground sind im Lindenfels Westflügel nicht unbekannt. 2009 waren sie bereits mit A Taula im Ballsaal des Hauses zu sehen, nun zeigt Bobé mit Insomni das Porträt eines Schlaflosen und markiert gleichzeitig das Ende der Sommerspielzeit im Westflügel.

Erschöpft sieht er aus, wenngleich man sein Gesicht noch nicht sehen kann. Der Rücken krumm, die Schultern hängend sitzt Bobé an einem Tisch, unter dem seine Beine kaum Platz finden. Er löffelt Suppe. Der schwere Messinglöffel schlägt bei jeder Bewegung an den Boden des Tellers, der mit seinen vielen Löchern kaum mehr als solcher zu gebrauchen ist. Das Publikum kann daran teilhaben, denn Bobé verfolgt sich selbst mit einer Kamera, deren Bild an die Wand geworfen wird. Links und rechts von der Bühne stapeln sich Flaschenscherben, bedeckt von einer dicken Staubschicht. Es ist eine niederschmetternde Kulisse, in der sich der Schlaflose bewegt und doch fasziniert sie. Mittlerweile sitzt er dem Publikum zugewandt, verliert sich in einer schier endlosen Abfolge von Suppe löffeln und Wein trinken. Der Rhythmus seiner Bewegungen nimmt zu, wirkt stroboskopartig. Wir befinden uns mitten im Seelenleben eines Mannes, der keine Ruhe finden kann. Zeit spielt hier keine Rolle, Tag und Nacht unterschieden sich nur anhand der Geräusche, die in den dunklen Raum dringen. Schritte über ihm, das Rollen einer Flasche auf dem Boden, lachende Kinder irgendwo in der Ferne – Jedes kleine Geräusch wird an die Spitze getrieben und verkommt zum unerträglichen Krach, der durch die Installation von Lautsprechern Räumlichkeit gewinnt.

Liebevoll sind Kulisse und Objekte gestaltet. Der Tisch hält in seinen vielen versteckten Luken zahlreiche Überraschungen bereit, aus einem Löffel wird plötzlich ein ganzer Haufen und der Einsatz von Licht ist perfekt gesetzt. Über allem thront ein rostiges Bett, das verkehrt herum an der Decke hängt und ein Knäul aus gesprungenen Bettfedern in sich trägt. Es scheint den Schlaflosen zu verhöhnen, denn ein Ort der Ruhe und des Friedens ist es schon lange nicht mehr. Vielmehr hat es nur Spott für ihn übrig: In den alten Sprungfedern verbergen sich Figuren von Rad fahrenden Kindern, die mit ihren Rufen und dem Klackern der Radnaben eine Wand aus Lärm erzeugen.

Insmoni dringt tief in den Kosmos der Schlaflosigkeit ein. Ganz ohne Worte berührt die Inszenierung und nimmt das Publikum mit in eine surreale Welt, die Logik und Funktion verloren hat. Was es hier zu entdecken gilt, sind liebevoll gestaltete Details die eine erschütterte Gefühlswelt widerspiegeln. Ein großartiger Umgang mit einem schwer greifbaren Thema!

Insomni

Von: Objekttheater Playgorund

Regie/ Spiel: Xavier Bobé

Musik/Ton: Pablo Rega

Ausstattung: Pep Aymerich

Regieassistenz: Eric de Sarria

Westflügel; Aufführung vom 24. Oktober 2014


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