Wettlauf ums Heldentum

Teresa Präauers „Johnny und Jean“ wäre gerne eine rasende Satire über den Kunstbetrieb. Der Roman ergeht sich leider in ermüdendem Namedropping

Bevor wir uns dem zu besprechenden Roman zuwenden, typisieren wir doch kurz seine Verfasserin. Teresa Präauer gehört nicht zum Typus der „empfindsamen Jungautorin“ aus der Generation nach Judith Hermann. Sie ist, dem Jahrgang 1979 entstammend, allem Anschein nach eine gestandene Frau. Ihr Auftreten ist angenehm lässig, ohne nachlässig zu wirken. Für das Autorenfoto im Klappentext postiert sie sich mit freundlich-neutralem Gesichtsausdruck vor ein Graffito. Schließlich geht es in ihrem Zweitling um Kunst. Was läge da näher, als sich vor waschechter Straßenkunst fotografieren zu lassen.

Teresa Präauer bringt als Autorin eigentlich alles mit, um aus ihrem zweiten Roman „Johnny und Jean“ ein bemerkenswertes Buch zu machen. Ihr Stil ist eigenwillig-rasant und ihre Dialoge so knapp, als gestatte sie ihren Figuren nur kürzestmögliche Zwischenrufe in die Highspeed-Romanhandlung. Sie hat schöne Ideen, die gekonnt den gesamten Text durchziehen. Trotzdem scheitert „Johnny und Jean“ am an sich selbst gestellten Anspruch, eine humorvolle Satire auf den internationalen, verhochschulten Kunstbetrieb sein zu wollen.

Erzählt wird die Geschichte von Johnny, der Jean noch aus Jugendtagen kennt. Jean war damals schon der beliebtere, schönere, also schlichtweg der, über den alle Cliquen bewundernd und tratschend sprachen. Johnny war, soweit man ihm da als Erzähler vertrauen kann, etwas zurückhaltender, aber kein Underdog. Der Zufall verschlägt die beiden Titelhelden an die gleiche Kunsthochschule. Wieder ist Jean derjenige, dem alles leichter zu fallen scheint. Noch vor Beenden des Studiums hat Jean erste Ausstellungen seiner Kunst veranstaltet. Zu Materialschlachten ausartende Performances verleihen ihm den Status einer urbanen Legende, die Johnny besser als alle anderen Mitstudenten zu kennen meint. Bis zum Ende bleibt es schwammig, in welchem konkreten Verhältnis die beiden zueinander stehen: Sind sie bis aufs Blut verfeindete Konkurrenten oder idealisiert Johnny den erfolgreichen Jean sogar, dessen raketenartigen Aufstieg er nicht zu verstehen vermag?

So spannend diese Frage der Beziehung der beiden Titelhelden auch gestaltet sein mag, es ist die postmoderne Lust an Namedropping und Q uerverweisen, die den an sich gut gedachten Text auf ganzer Linie scheitern lässt. Wieso müssen in einem satirisch gefärbten Text ständig die Namen von Salvador Dalí, Cindy Sherman, David Hockney, Lucas Cranach und Konsorten genannt werden? Wieso der Ehrgeiz, auf 200 Seiten noch den historischen Ballast von diversen Jahrhunderten bildender Kunst unterbringen zu wollen? Fragen, die der Leser sich stellt, die vom Text aber nicht in gebührender Form beantwortet werden. Wenn es darum gehen soll zu beweisen, dass der übergroße Weinberg der bildenden Kunst schon komplett beackert wurde, hätte man Johnny und Jean, ihnen größtmögliche Unwissenheit andichtend, dreiste künstlerische Plagiate produzieren lassen können. Der Aha-Effekt beim Wiedererkennen der „Greatest Hits“ der Kunstgeschichte wäre bestimmt eine Riesengaudi geworden.

Teresa Präauer: Johnny und Jean

Wallstein Verlag

2015

200 S. – 19,95 €


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