Dumm, dümmer, Dunham

Fernseh-Heldin Lena Dunham hat ein Buch geschrieben. „Not that kind of girl“ braucht kein Mensch. Eine Polemik von Fabian Stiepert

US-Schauspielerin Lena Dunham beim Tribeca Film Festival 2012 und das deutsche Cover ihres Buchs. (Foto rechts: David Shankbone, CC BY 3.0, creativecommons.org/licenses/by/3.0/)

Der Erfolg von Lena Dunham ist mir gänzlich schleierhaft. Ich habe mich mit Anstrengung durch die ersten zwei Staffeln ihrer Erfolgsserie GIRLS gequält und war schier entsetzt über das dort vorgebrachte Menschenbild. Die Hauptfiguren Hannah, Marnie, Jessa und Shoshanna sind entweder ständig völlig aufgedreht oder dermaßen verkorkst und auf unerklärliche Weise handlungsunfähig, dass ich innerlich stets die Fäuste ballen musste. „So kaputt sind Menschen nicht!“, schwirrte es mir in Anbetracht der von Lena Dunham kreierten Charaktere fast sekündlich durch den Kopf.

Okay, es mag ja sein, dass GIRLS durchaus die Bindungsunfähigkeit der heute 20- bis 30-Jährigen ganz gekonnt einzufangen versteht und auch der Überlebenskampf junger Menschen mit Universitätsausbildung im Großstadtdschungel, in dem allein schon das Aufbringen der Miete ein einziger Krampf zu sein scheint, ist auch nicht völlig aus der Luft gegriffen. Endgültig ungenießbar gemacht wird GIRLS aber durch die schlichtweg miserablen Dialoge. Was für den Zuschauer in Sachen Charakterentwicklung schon durch die vorangegangene Handlung klar und deutlich ersichtlich war, lassen die Drehbuchschreiber (meist Dunham selbst) die Figuren noch einmal eins zu eins nachsprechen, falls man beim Linsen aufs Smartphone was von der Handlung verpasst hat.

Lena Dunham, die dieses televisionäre Dilemma verantwortet, hat nun – offenbar mit Schreiben, Regieführen und Produzieren ihrer eigenen TV-Show noch nicht ausgelastet – so etwas wie ihre Biographie vorgelegt. Not that kind of girl heißt das Werk und ist mit dem plapperigen Untertitel „Was ich im Leben so gelernt habe“ versehen. Trotz eröffnendem Flaubert-Zitat geht der Erkenntnisgewinn aus der Lektüre von Dunhams Buch gegen Null und über die Illustrationen von Joana Arvillez legt man besser den Mantel des Schweigens. Aber soviel sei gesagt: Nicht einmal in einem schlechten Jugendbuch aus den frühen Neunzigern hätte man diese Stricheleien unterbringen wollen.

Und worüber schreibt Dunham so (so flapsig gefragt, um sich dem Geplapper anzupassen)? Grob zusammengefasst könnte man einfach nur die Überschriften runterrattern: Liebe und Sex, Körper, Freundschaft, Arbeit und zum Schluss „Das große Ganze“. Zu all diesen Stichpunkten hat Dunham das Papier vollgebrabbelt; ein „Hilfsdichter“ stand ihr sicherlich zur Seite. Es geht um den alten neuen Diätwahnsinn und dass sie trotzdem nicht abnimmt, einen frühen Job vor der Fernsehkarriere in einer Edelboutique für Kleinkinder und Säuglinge, schief gegangene Flirtversuche und erste Kontakte in Chatrooms, als das Internet sich so langsam in unser aller Leben schlich. Das sind alles ganz nette Anekdötchen, aber in dieser ungeschliffenen Form hat das zwischen zwei Buchdeckeln nichts verloren. Nach ein paar Bieren in gemütlicher Runde wäre das sicherlich ganz gut erträglich, so bleibt einem das überzuckerte Törtchen von Buch aber im Halse stecken. Anders gesagt: Not that kind of girl ist ein als Literatur getarntes Meinungs- und Egozentikgewitter, pseudoliterarisch getarnt als vermeintlich intellektuelle Chick-Lit für die moderne Großstadtfrau.

Lena Dunham: Not that kind of girl – Was ich im Leben so gelernt habe

S. Fischer

Berlin 2014

304 S., 19,99 €


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