Schüsse am Fuße des Schneebergs

„Schindeln am Dach“: Der zweite Krimi von Jacqueline Gillespie wildert im Jagdrevier

Schindeln am Dach ist für den deutschen Leser nicht nur ein Krimi, sondern ein Crash-Kurs in österreichischer Diktion und erst recht im mitunter so heimelig wie verschrobenen Dialekt aus der Gegend um Neiselbach am Schneeberg. So werden Leserin und Leser nach Beendigung der Lektüre die titelgebende Redewendung ebenso zu deuten wissen wie das in ganz Österreich gebräuchliche Wort „konziliant“ kennen, das schon bei Stefan Zweig immer wie ein melodischer Gong durch sein Die Welt von Gestern klingt.

Beim „Jäger“ fällt natürlich der Umlaut weg, wenn man nicht gleich als dammischer Saupreuß zu erkennen sein will und vielleicht weiß man auch, dass man eine Jagd geerbt hat oder pachten muss, sonst aber nichts im Wald zu suchen hat, wo jeder aus der Stadt denkt, er kann dort einfach rumlaufen, was die Leute sich unter Bruno Kreisky angewöhnt haben. Ein Glossar am Ende des Buches erklärt die Wortbedeutungen, damit man nicht ganz so als Dödel dasteht. Obwohl alles so speziell ist, macht es der charmante Ton, dass man sich leicht einliest und Freude an diesem Kriminalroman haben kann.

Allerdings sind die ermittelnden Beamten für den Liebhaber detailgetreuer und realistischer Krimis wohl mehrere Nuancen zu gemütlich bis verträumt geraten. Von Polizeiarbeit, Laborberichten und Spurensicherung erfahren wir wenig, aber das braucht es vielleicht auch nicht, denn Frau Apollonia, die den Ermittlern zur Seite stehende Dorfbewohnerin, die weiß schon Bescheid und so einiges über den ermordeten Leonhard und Zwetschina-Karl und den Grafen sowieso, denn die Ortskenntnisse sind wie ihre Kochkünste einzigartig.

Jacqueline Gillespie, geboren 1958 in Wien als Tochter eines britischen Besatzungsoffiziers und einer Wienerin, hat an der Militärakademie studiert und ist als Springreiterin Leistungssportlerin, widmet sich aber nunmehr ganz der Schriftstellerei. Wer auf den Geschmack gekommen ist, der darf vielleicht auf einen weiteren Roman vom Schneeberg spekulieren, hingegen sei bei Besuchen eher zur Vorsicht gemahnt, wenn es um das Herumlaufen im Wald geht. Fazit: vergnüglich zu lesen!

Jacqueline Gillespie: Schindeln am Dach. Ein Schneeberg-Krimi

Haymon Verlag

Innsbruck 2015

200 S., 12,95 €


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