Dem Tod entgegenlachen

Die schwarze Komödie „Am Ende ein Fest“ wirft einen erfrischenden Blick auf das umstrittene Thema Sterbehilfe

Der Erfinder Yehezkel (Ze’ev Revah) heckt wieder einmal einen Plan aus – zum Leidwesen seiner Frau. (Fotos: Verleih)

Und Gott sprach ins Telefon: „Gerade habe ich deine Akte gelesen. Du kommst direkt ins Paradies. Nur leider haben wir momentan gar keinen Platz. Du hast also noch etwas Zeit da unten.“ Hinter Gott verbirgt sich der Tüftler Yehezkel (gespielt vom israelischen Comedy-Star Ze’ev Revach), der mit seinem selbstgebauten Stimmenverzerrer dafür sorgen will, dass eine Mitbewohnerin aus der Jerusalemer Seniorenresidenz ihren Kampf gegen den Krebs nicht aufgibt. Schnell wird klar, dass es diesem Mann nicht an Erfindungsreichtum mangelt, wenn es darum geht, seine Mitmenschen zu unterstützen.

Als sein schwerkranker Freund Max (Shmaul Worf) ihn um Sterbehilfe bittet, kann sich aber selbst Yehezkel nur zögerlich zu einer Entscheidung durchringen. Soll er tatsächlich seinen besten Freund umbringen und sich dabei womöglich auch noch strafbar machen? Eine gute Idee sieht für Yehezkel anders aus. Gleichzeitig ist er sich bewusst, wie sehr der Bettlägerige leidet und dass ein selbstbestimmter Tod das Einzige ist, was Max von diesem Leben noch will. Auch Max‘ Frau Yana (Aliza Rosen) hat keine Kraft mehr und bringt nur wenig Verständnis für Yehezkels Zögern auf: „Noch eine Woche warten?! Da kann er schon tot sein!“ Letztendlich willigt Yehezkel ein und findet sich erneut in der Rolle als Gott wieder. Doch diesmal ist mehr zu erledigen, als nur ein Anruf. Zunächst einmal gilt es, Verbündete zu finden. Seine Frau Levana (Levana Finkelstein) weigert sich aber vehement, ihren Freunden bei einer Sache behilflich zu sein, die sie als Mord erachtet. Auf der Suche nach medizinischer Unterstützung geraten Yana und Yehezkel an den pensionierten Veterinärmediziner Dr. Daniel. Nicht optimal, doch zumindest kommen sie so an die notwendigen Medikamente. Um keine Spuren zu hinterlassen, holen sie sich noch den Ex-Polizisten Raffi ins Team, der sich als Dr. Daniels Liebhaber herausstellt.

Die Regisseure Sharon Maymon und Tal Granit bringen ein weiteres Thema auf die Leinwand, über das sonst gerne geschwiegen wird und um das auch Filmemacher eher einen Bogen machen. Hier wird sich auch mit über 70 noch die Frage gestellt, wie man das eigene Coming-Out am besten über die Bühne bringen soll. Das größte Problem der Protagonisten lautet aber zunächst: Gibt es einen richtigen Weg, um Sterbehilfe zu leisten? Nachdem sich langsam die ersten Skrupel bei der Truppe einschleichen, hat Yehezkel die rettende Idee: Max soll es selber machen können. So baut er kurzerhand eine skurrile und gleichermaßen geniale „Maschine für Sterbehilfe“, die per Knopfdruck des Patienten ein Narkotikum und ein Mittel für Herzstillstand in seine Venen fließen lässt. Die Verbündeten stolpern damit aber in bester Zauberlehrling-Manier in ein noch größeres Dilemma und müssen sich fortan überlegen, wie sie die selbst gerufenen Geister loswerden. Derweil hat Levana vor allem mit sich selbst zu kämpfen, und zum ersten Mal ist auch Yehezkel vollkommen ratlos.

Trotz ihrer Skepsis stößt Levana (Levana Finkelstein, 2. v. rechts) noch dazu, als die geheime Sterbehilfe-Mission erfüllt werden soll.

Das alles ist ohne Zweifel viel Stoff für gerade einmal 93 Minuten Laufzeit. Dahinter steckt sicherlich die Absicht der Regisseure, möglichst viele Dimensionen des komplexen Themas Sterbehilfe auszuloten. Allerdings scheint dadurch gegen Ende des Films die nötige Zeit zu fehlen, um so manche wichtige Entwicklung ausreichend zu beleuchten. Bei all den folgenschweren Entscheidungen, die im Film getroffen werden müssen, wäre zudem ein tieferer Einblick in das Innenleben der Protagonisten wünschenswert gewesen. Abgesehen von diesen zu verschmerzenden Schwächen beeindruckt Am Ende ein Fest aber mit seinem gelungenen Spagat zwischen Tragik und Komik. Denn auch wenn das Thema Sterbehilfe, das aktuell wieder im Bundestag verhandelt wird, schwere Kost erwarten lässt, wird im Kinosaal vor allem oft gelacht. So wurde der Film auf vielen Filmfesten als Publikumsliebling ausgezeichnet.

Bei der Leipziger Premiere, die am 24. September in den Passage Kinos stattfand, haben die Regisseure eine einfache, aber durchaus plausible Erklärung für dieses Phänomen: Das Thema berühre Menschen in allen Ländern, denn „gestorben wird eben überall“. Es ist ebendieser trockene Humor, der in Am Ende ein Fest so wohltuend ist und den Film davor bewahrt, trotz großer Themen wie Freundschaft, Liebe, Altwerden und Tod, in platte Melodramatik abzudriften. Neben den wunderbar absurden Dialogen ist die Stärke des Films vor allem auch den erfahrenen Darstellern zu verdanken, die beweisen, dass Komik viel mit perfektem Timing zu tun hat. Davon abgesehen sorgen sie dafür, dass man beim Zuschauen gar nicht anders kann, als Sympathie für die Figuren zu empfinden – unabhängig davon, ob man ihre Entscheidungen gutheißt oder nicht.

An einer Stelle sagt Levana über ihre Freunde: „Im Herzen sind sie wie Kinder, nur ihre Körper sind alt geworden.“ Man wundert sich nicht, als die Regisseure im Nachgespräch zugeben, dass dieses Zitat auch in Wirklichkeit auf die Darsteller zutrifft. Wie sonst kann man über den Tod triumphieren, wenn nicht mit viel Humor?

Am Ende ein Fest

Israel/Deutschland 2014, 93 Min.

Regie: Sharon Maymon, Tal Granit

Darsteller: Ze’ev Revah, Levana Finkelstein, Alisa Rozen, Ilan Dar, Rafael Tabo

Kinostart: 24. September 2015


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