Wiedersehen mit dem „Realness-Freund von der Street”

Im ausverkauften Conne Island legten Olli Schulz und Band anlässlich einer kleinen Clubtour einen Zwischenstopp ein

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Olli Schulz (Foto: Jenna Dallwitz)

Die große Menschenansammlung vor dem Conne Island kurz vor Konzertbeginn verleitet, schnell hinein zu huschen, um sich ein lauschiges Plätzchen zu suchen. Richtige Hektik mag jedoch nicht ausbrechen, wenn man Olli Schulz und seine Bandkollegen in der Abendsonne lässig am Tourbus um die Ecke mit Kippchen und Bierchen erspäht.

Und doch geht es im Rahmen des akademischen Viertels recht pünktlich los. Ein enthusiastisches „Hallo Leipzig“ von Olli und ein großes Getöse im bereits stark erhitzten Saal. Da wird die erste Reihe des Publikums erst mal via Handschlag abgeklatscht und Olli fängt an zu erzählen, wie gerne sie in Leipzig, aber vor allem im Conne Island sind. Ein kleines Heimspiel, quasi. Und wieso das Ganze? „Nicht, weil wir ein Album promoten wollen oder so einen Scheiß! Wir wollen einfach zeigen, dass wir noch street und real sind.“ Und ja, diesen Eindruck bestätigen „die lustigen Fünf“, wie sich das harmonische Musikergespann bezeichnet. Die Geschichten aus Ollis Leben und seiner Gedankenwelt, welche er dem Publikum stets mitreißend und nachfühlbar erzählt, verleiten zwar mancherlei Gast zu allerlei lautstarken Privatgesprächen. Beachtlich ist jedoch: schlägt Olli ruhigere und ernstere Songs und Themen an, ist es schlagartig still und alle lauschen andächtig.

Schiffstour mit Pfeffi

Und was geschieht, sobald die Musik losgeht, ist für die Musiker sichtlich ergreifend. Die fünf sind eingespielt, sie haben einen Abend zuvor in Hamburg das eigentliche Heimspiel-Konzert bestritten. Und dass Olli vor wenigen Tagen mit Monchi, dem Frontmann von Feine Sahne Fischfilet und dessen Vater beim Wasted in Jarmen Festival eine kleine „Obsttour“ gestartet hat, ist ihm keineswegs anzumerken. Dort wurde eine kleine heimelige Schiffstour unternommen, bei der lediglich Pfeffi und Mexikaner ausgeschenkt wurden. Nun, wer hätte dort nicht gerne mit im Boot gesessen. Man könnte Olli einfach ewig zuhören. Absolute Alltagskomödien wechseln sich ab mit tiefgreifenden Einblicken in seine Gedanken- und Gefühlswelt. Doch natürlich kommt auch die Musik nicht zu kurz und alles hält sich angenehm und abwechslungsreich die Waage. Die Songauswahl zeigt ein breites Repertoire, wobei Klassiker von „So muss es beginnen“, „Es ist mein Herz das explodiert“, „Phase“, „Wenn es gut ist“, „Ich dachte, du bist es“ über „Dann schlägt dein Herz“ und „Junge Frau sucht“ dargeboten werden. Das Publikum zeigt sich textsicher und tanzfreudig.

Darüber hinaus kommt man in den Genuss, neue und unveröffentlichte Lieder zu hören. Besonderen Anklang findet dabei das Stück „Das hier ist dein Song“. Olli erzählt offen, dass er wohl gerade eine Midlife Crisis durchlebe, was sich zum Glück nicht im Kauf von Statussymbolen äußere, sondern im Nachdenken über sein bisheriges Leben und den irgendwann anstehenden Tod. Er stellt sich vor, dass er seine Zeit nach dem letzten Atemzug in einem Plattenladen mit all seinen Lieblingsplatten verbringen wird. Hier und da schauen Leute vorbei, die er kennen und mögen gelernt hat. Eine tröstliche Vorstellung, die authentischer und melancholischer nicht dargeboten werden kann.

Ollis Kommentar zur Wahl in Sachsen

Auch die politische Lage kommentiert Olli mehrfach, ist diese auch Thema in einigen seiner Songs. So spricht er über die Wahlen in Brandenburg und Sachsen. Alle beklatschen seine Äußerung „Nazis sind scheiße!“. Er meint aber, es solle nicht gejubelt werden, sondern zuhören sei nun angesagt. Alle würden sich immer unterhalten, wie schlimm AfD-Wähler seien, doch gäbe es auch viele, viele Leute, die sich dagegen stellen und sich bei Aktionen gegen Rechtsextremismus einbringen. Ollis Rezept für eine friedlichere und harmonischere Welt? Leute mit rechtsgesinnten Ansichten versuchen, mit Herz abzuholen! Diese Eigenschaft rechnet er übrigens einigen Rappern nicht an. So lässt er sich über einige Namhafte aus der Hip-Hop-Szene aus, die nicht das nötige Herz hätten, das es bräuchte, um Gutes zu verrichten und zu erreichen.

Wer Olli Schulz bislang nur von Festivals kannte, wird Songs wie „Rangeln“ oder „Verhaftet wegen sexy“ natürlich vermisst haben. Auch hier hat er eine Anekdote zu berichten. Ein Gast störte bei einem vergangenen Konzert immer wieder durch unpassende und partyzelttaugliche Zwischenrufe. Olli gab ihm das Geld für sein Ticket wieder und bat ihn zu gehen. Er sähe sich hauptsächlich als Musiker und nicht als auf den roten Teppich kotzender Clown, wie man ihn aus Shows mit Joko und Klaas kennt. Nichts davon bereut er, doch auf seinen Konzerten macht er das, was er liebt und in sich selbst sieht: einen Musiker durch und durch. Und so schließt das Konzert mit dem Song „Als Musik noch richtig groß war“ – eine Hommage an seine Liebe zur Musik und ein Zeugnis dafür, dass Olli Schulz als Musiker ernst zu nehmen ist – stets selbst lachend und ironisch zwinkernd, aber ebenso tiefgründig und authentisch. Ein besonderer musikalischer Moment ist es auch, als nach anderthalb Stunden die Band die Bühne verlässt und Olli sagt, eine Zugabe sei selbstverständlich. Die Band solle sich aber erst einmal ausruhen. Da steht er, der Mann mit der Gitarre, ohne seine Band. Er schlägt leise und nachdenkliche Töne an. Auch das ist Olli Schulz – sanft, tiefsinnig und das ganze Publikum auf seiner Seite.

Und wie sagte seine Oma damals, als er acht war, so treffend: „Wenn der mal stirbt, muss man ihm das Maul extra totschlagen“. Möge es noch lange nicht so weit sein. Und wenn doch: wir sehen uns im Plattenladen, Olli!

Olli Schulz & Band

4. September 2019, Conne Island

Weitere Tour-Daten auf ollischulz.com

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