Pausbäckig: Eine neue Verfilmung des „Räuber Hotzenplotz” (Tobias Prüwer)

„Der Räuber Hotzenplotz“
Regie: Gernot Roll
Darsteller: Armin Rohde, Martin Stührk, Manuel Steitz, Rufus Beck, Katharina Thalbach, Piet Klocke, Barbara Schöneberger u.a.
Länge: 94 Min
Deutscher Kinostart: 23.03.2006Unter Räubern – Der Hotzenplotz ist neu verfilmt

Seid Ihr alle da? Gut, dann Vorhang auf! Eine zeitlose, süddeutsche Kulisse erscheint. Eine sanfte, hügelige Landschaft und ein kleines Städtchen. Ein sehr friedlicher Flecken, hätte der Räuber Hotzenplotz (Armin Rohde) nicht die klingende, singende Kaffeemühle der Großmutter (Christiane Hörbiger) geklaut und damit für einigen Trubel gesorgt. Sicher, mit dem Schurken, der gleich sieben Messer im Gürtel trägt, ist nicht zu spaßen und wer dem Rauschebart in die Quere kommt, macht Bekanntschaft mit seiner Pfefferpistole. Wenn aber Wachtmeister Dimpfelmoser (Piet Klocke) lieber mit Hellseherin Schlotterbeck (Katharina Thalbach) flirtet, als seinen Amtspflichten gründlich nachzukommen, müssen sich eben Kasper (Martin Stührk) und Seppel (Manuel Steitz) aufmachen, den Räuber zu stellen. Die wackeren Jungen spüren die Räuberhöhle auf, müssen aber, alsbald in Gefangenschaft geraten und zur Kinderarbeit verdammt, erfahren, dass dem Hotzenplotz so leicht nicht beizukommen ist. Zumal auch Zauberer Zwackelmann (Rufus Beck) für tüchtige Kartoffelschäler stets Verwendung hat – eine mehr als missliche Lage für Kasper und Seppel. Ob sie eine schlagkräftige Verbündete in der zur Kröte verzauberten Fee Amaryllis (Barbara Schöneberger) finden werden? Lässt sich mit Feenkraut und Knallpilzen etwas ausrichten? Oder werden Dimpfelmoser und Schlotterbeck mit dem Krokodilshund Wasti im Gespann doch noch ihr Zutun finden, um diese Kaspergeschichte zu einem guten Ende zu führen? Ja, das wird nicht verraten.

Nach der Verfilmung mit Gerd Fröbe aus dem Jahre 1973 ist Otfried Preußlers beliebte Kaspergeschichte nun erneut auf Zelluloid abgelichtet worden, um eine weitere Generation daran teilhaben zu lassen. Die Kinderbuchadaption ist mit hochkarätigen deutschen Schauspielern besetzt worden. So gibt Armin Rohde einen sehr drolligen, böse schauenden und doch liebenswerten Räuber und Katharina Thalbach spielt amüsant eine Zigarren rauchende Wahrsagerin, deren Dekolleté tief blicken lässt. Auf ihre Art einnehmend ist auch Barbara Schöneberger als walkürende Fee. Und während selbst Piet Klocke als Amtsmann mit Pickelhaube überrascht, entpuppt sich Christiane Hörbiger in Gestalt der Großmutter als reine Nervensäge.

Handwerklich solide in Szene gesetzt, ist dem Film eine gewisse Routiniertheit im Umgang mit dem Material anzumerken. Die den Produzenten Ulrich Limmer („Das Sams“) und Regisseur Gernot Roll („Nirgendwo in Afrika“, „Speer und Er“) leitende Idee war sicherlich nicht nur die Faszination am Hotzenplotzthema. Denn es knarrt im dramaturgischen Gebälk. Der Versuch gleich zwei der Kinderbücher („Der Räuber Hotzenplotz“ und „Neues vom Räuber Hotzenplotz“) zu einer Geschichte zu verschmelzen, ist leider nur zu offenbar. Nach der Auflösung des ersten Spannungsbogens – um die geraubte Kaffeemühle – schmiegt sich ein zweiter gleichsam wie drangeklatscht an, um das Ende hinauszuschieben und auf cineastische Standardzeit zu verlängern. Von der missglückten Fusion gleich zweier Plots abgesehen, hält sich der Film ganz eng an die literarische Vorlage. Zu eng, denn was im Buch funktioniert, muss nicht zwangläufig auch für den Film gelten. So sehen die Figuren wie die fleischgewordenen Illustrationen von F.J. Tripp aus, dessen leichter Federstrich sich allerdings nicht auf die Leinwand übertragen ließ und die Charaktere daher arg überzeichnet anmuten. Zu üppig, ja barock, ist auch die Kulisse ausstaffiert, welche die ästhetische Naivität von Märcheninszenierungen der 50er Jahre und deutschen Heimatfilmen wiederholt: Der Hotzenplotz haust im „Wirtshaus im Spessart“. Nur der computeranimierte Kroko-Dackel Wasti zeugt vom Herstellungsdatum, will aber deshalb nicht wirklich in den Film passen. Durch die Absenz jeglicher gestalterischer Interpretationsversuche wirkt der Film auf die Dauer phantasielos und langweilig.

Somit bleibt die Räuberpistole hinter dem gesetzten Anspruch, ein Familienfilm zu sein, deutlich zurück. Pädagogisch einwandfrei ist „Der Räuber Hotzenplotz“ sicherlich ein großer Spaß für alle Kleinen. Einige Große jedenfalls werden aufatmen, wenn bei der pausbäckigen Inszenierung endlich der Vorhang fällt.(Tobias Prüwer)

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