Der Förster in der Peepshow: „Das schlaue Füchslein” (Steffen Kühn)

Das Schlaue Füchslein
Oper in drei Akten von Leos Janácek
Kammeroper Wien
Arrangement: Jonathan Dove
Musikalische Leitung: Daniel Hoyem-Cavazza
Inszenierung: Peter Pawlik
Mit: Christian Immler, Jennifer Davison, Magdalena Hofmann, Manfred Equiluz, Richard Wiegold u.a.
Orchester der Wiener Kammeroper
11. Oktober 2007


Der Förster in der Peepshow

Was Regisseur Peter Pawlik geritten hat, aus der schrägen bisweilen skurrilen und heiteren Geschichte über die Füchsin Schlaukopf eine fade Show über Männerservilität zu basteln, ist am Ende schon gar nicht mehr wichtig. Wichtig ist, dass das Ende endlich da ist!

Rudolf Tesnohlideks Novelle Die Füchsin Schlaukopf aus dem Jahr 1920 handelt vom Leben einer Füchsin, die als junges Tier von einem Förster gefangen und bei ihm zu Hause aufgezogen wird. Die Füchsin flieht schließlich und gründet eine eigene Familie. In Janáceks Oper steht neben der Füchsin die geheimnisvolle Schönheit Terynka im Mittelpunkt. Terynka wird gleichermaßen vom Pfarrer, vom Schulmeister und vom Förster selbst begehrt.

Schon mit erotischem Kitsch beginnt die Inszenierung: Förster und Schulmeister suchen alles nur verfügbare Weibliche mit ihren Blicken und Händen habhaft zu werden. Weil der Dackel als Mezzo-Sopran nun mal mit einer Frau besetzt ist, muss auch er respektive sie daran glauben. Eine Ballerina tanzt in den Zwischenspielen der Musik, choreografisch wird versucht die Handlung zu kommentieren. Schade nur, dass diese Ballerina ein alter Tänzer ist, den man in ein Kleid gezwungen und Brüste verpasst hat. Die Bühne ist eine schräge Ebene, die Wände sich perspektivisch verjüngend, bestehen aus Tafeln auf denen mit Kreide von den Protagonisten das Geschehen illustriert wird. So geht es nun dahin, die Füchsin ist schlau – „Eine Schande für die Tierwelt ist das Menschenvolk“ – geht ihren Weg, muss aber am Ende doch für einen gewöhnlichen Muff das Leben lassen. Terynka vernebelt den tragenden Stützen der Dorfgesellschaft den Verstand, der Pfarrer reißt sich das Kreuz von der Brust, der Schulmeister verbringt die Nächte mit viel Schnaps im Wirtshaus. Der Förster anfangs eher beherrscht, phantasiert sich im Schlussbild Terynka nackt in einen Guckkasten, nicht genug wird die Arme noch mit Wasser bespritzt – der Förster in der Peepshow.

Musikalisch bleibt das Arrangement von Jonathan Dove sehr zurückhaltend, einzig im Hochzeitschor der Füchsin erreicht die Musik eine eigene Kraft, ansonsten wechseln sich einfache Melodien mit dramatischen Aktionen der Blechbläser in einem spannungslosen Wechsel ab. Da sich Janáceks Kompositionsstil streng an der tschechischen Sprachmelodie orientiert hat, geht durch die deutsche Übersetzung zum Teil die Kongruenz von Text und Musik verloren. Aber halt, alle haben heute nicht verloren! Die Solisten, besonders Jennifer Davidson als die Füchsin, liefern eine hervorragende stimmliche Leistung, gerade durch die winzige Bühne in der Kammeroper kann man ihren Gesang besonders nah und intensiv erleben. Es bleibt zu hoffen, dass sich in Zukunft die Inszenierungen zurückhaltender auf die subtile Geschichte zwischen Mensch und Tier einlassen werden, die Fokussierung auf die sexuellen Gelüste alter Männer hat das zarte Stück jedenfalls erstmal zertrümmert.

(Steffen Kühn)

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