29. April 2001
?Kunst? von Jasmina Reza, INSELbühne Leipzig
Schauspieler:
Andreas Guglielmetti,
Stefan Ebeling,
Johannes Mager
Regie: Volker Insel
Moderne Konversation
Wenn drei Menschen über denselben Gegenstand berichten, entstehen drei verschiedene Gegenstände. Wenn sich drei Menschen jeweils selbst darstellen und durch die beiden anderen darstellen lassen, ist jeder von ihnen gleichzeitig drei verschiedene Personen.
Das Spiel um die moderne Kunst, um Sichtweisen, die niemals weise sind, und um Perspektiven, die keine Perspektive haben, je als objektiv zu gelten, ist das Lebenselixier der Komödie ?Kunst?, die 1995 entstand und mit dem Prix Moli?re ausgezeichnet wurde.
In einer schlichten Inszenierung erleben wir am 29. April 2001 das Konversationsstück der weltweit meistgespielten Dramatikerin als Gastspiel der INSELbühne Leipzig in der Moritzbastei. Die Premiere bei der INSELbühne war am 8. Dezember 2000, noch bis Oktober 2001 wird das Stück ab und an in Leipzig gespielt.
Da steht sie wieder, die weiße Leinwand, in die man hineinprojizieren kann, was man möchte, und die der Ausgangspunkt von Konflikten und Zerwürfnissen zwischen drei Freunden ist. Denn Serge (Andreas Guglielmetti) hat sich für teures Geld ein weißes Bild mit weißen Streifen gekauft und bezeichnet das Bild als große Kunst. Denn Mark (Stefan Ebeling) verdammt das ?monochromatische? Bild als ?eine Scheiße?. Denn Yvan (Johannes Mager), der harmoniesüchtige Vermittler, sieht, wenn er sich Mühe gibt, durchaus etwas auf dem Bild.
Jeder der drei heischt bei den anderen beiden und beim Publikum durch direkte Ansprache nach Zustimmung, Parallelmonologe werden eingebaut, ein Schwebezustand wird inszeniert, in dem einer im Sinne eines Rückblickes die Geschichte dem Publikum erzählt, ein anderer aber Jetztzeit spielt. Die schauspielerischen Leistungen überzeugen, die drei Clowns in psychologischen Rollen werden dem neurotischen Hickhack ohne Entwicklung gerecht. Im Publikum, das zwar vorgeführt, aber auch – durch Überspitzung – entlastet wird, gibt es Lachsalven, insbesondere dem Ende zu.
Eins ist wohl wahr: das Stück ?Kunst? ist eins, das eine gute Vorlage hat und nicht erst in der Inszenierung entsteht. Diese hat vor allem die Aufgabe, das Wesen des Stückes zu erfassen, in diesem Falle erfolgreich. Schön ist auch der Mut zur Pause. Es gibt lange Perioden, in denen nichts passiert. Die Akteure starren sich wortlos an oder ignorieren sich. So werden auch Gesichter und Situationen zu einer weißen Leinwand, in die man hineinprojizieren kann, was man möchte …
(Grit Kalies)
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