CD: Beethoven, Streichquartett op. 130, „Große Fuge” op. 133 (Christoph Sramek)

CD Empfehlung, Thorofon Classics (CTH 2409)Ludwig van Beethoven, Streichquartett op. 130, „Große Fuge“ op. 133
(Philharmonia Quartett Berlin)

Grenzerfahrungen zwischen Leben und Tod führten den völlig ertaubten Ludwig van Beethoven in seinem kompositorischen Spätwerk zu atemberaubender Schönheit und faszinierender Komplexität. Er sprengte mit dieser Musik die üblichen Formen und stürzte die damaligen Konzertbesucher zuweilen in tiefe Ratlosigkeit. Besonders rätselhaft erschien seinen Zeitgenossen die umfangreiche Fuge am Ende des 1825 geschaffenen sechssätzigen Streichquartetts B-Dur op. 130, so dass er sich entschloss, diesen Werkteil als „Große Fuge“ op. 133 gesondert herauszustellen und ein Jahr später ein neues Finale anzufügen – seine überhaupt letzte Komposition.

Das Philharmonia Quartett Berlin entspricht dieser Werkgeschichte durch das Einspiel sowohl von Opus 130 als auch von Opus 133 bei Thorofon Classics (CTH 2409) und ermöglicht so dem Hörer, sich beide Schlusslösungen Beethovens zu vergegenwärtigen. Spektakuläre Tempi, extravagante Spielweisen oder vordergründige Virtuosität sind dieser Aufnahme des Streichquartetts der Berliner Philharmoniker völlig fremd. Trotzdem trägt diese Interpretation Züge des Sensationellen durch die traumwandlerische Sicherheit in der Abstimmung der Partner, durch die intonatorische Sauberkeit in selbst kompliziertesten Passagen und durch eine enorme Flexibilität feinster Nuancen des Ausdrucks auf engem Raum.

Schärfste Kontraste wachsen dadurch in Opus 130 zu einem organischen Ganzen, was eine erstaunliche Nähe zu den Klangräumen der Musik des 20. Jahrhunderts hervorzaubert und das Visionäre der Beethovenschen Musik betont. Die Gestaltung der „Großen Fuge“ hingegen ist oft geprägt durch eine kristallinere Tongebung und unerbittlich klare Gesten. Dadurch ergibt sich im Vergleich mit den ursprünglich vorangegangenen fünf Sätzen des Streichquartetts op. 130 eine übergeordnete Zweiteiligkeit, die sinfonischen Modellen Mahlers und Lutoslawskis überraschend nahe kommt und einmal mehr die geistige Kraft und Aktualität Beethovens enthüllt.(Christoph Sramek)

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