Der Hoffnungsgrünerfindermann. Ein Wolfgang-Borchert-Abend (René Granzow)

22.05.2002 Schauspielhaus Leipzig, Flossplatz

?Der Hoffnungsgrünerfindermann. Ein Wolfgang-Borchert-Abend?

Idee: Tobias J. Lehmann
Darsteller: Susanne Jansen, Tobias J. Lehmann
Musikalische Begleitung: Diethard Stephan Haupt
Bühnenbild/ Kostüme: Anja Laterne


?Warum lebst Du?? ? ?Aus purem Trotz!?

Wer war Wolfgang Borchert? Als Autor von ‚Draußen vor der Tür‘, der durch die Kriegswirren schwer erkrankt an jungen Jahren starb, kennen ihn wahrscheinlich die meisten. Und vielleicht weiß man auch, dass er einige düstere, dem Tode geweihte Kurzgeschichten und Gedichte geschrieben hat. Und vielleicht hat auch mancher gelesen, dass Borchert mit seiner ?Verzweiflungsliteratur?, wie man sie oft bezeichnete, nicht den erhofften Anklang und Erfolg fand, dass er sich unverstanden und auch als ein Ausgestoßener fühlte. Passend heißt der Untertitel seines Theaterwerks ‚Draußen vor der Tür‘: ‚Ein Stück, das kein Theater spielen und kein Publikum sehen will.‘

Aber es gab noch einen anderen, bisher kaum bekannten Wolfgang Borchert, einen von Sehnsucht erfassten Menschen, einen nach Liebe suchenden Mann. Das Schauspiel Leipzig präsentierte am 22. Mai genau diesen Borchert. Susanne Jansen und Tobias J. Lehmann haben für diesen Abend verschiedene Gedichte und Kurzgeschichten zusammengestellt und mit beschwingten Liedern untermalt. Borchert begegnet uns als ein zum Teil lebenslustiger Mann, der den Jazz und die Frauen liebte. Er wird uns nicht nur als derjenige gezeigt, der dem Krieg ein Gesicht, ein entstelltes, gab und den Menschen das ihre nahm, er wird uns vor allem als feinsinniger Beobachter des ’normalen‘ Lebens gezeigt, als wortkräftiger Sprachspieler, so in ‚Das Auge Gottes‘, und besonders als Jongleur des abgründigen Humors, wie z.B. in der Geschichte ‚Schischyphusch‘.

Borcherts Schreiben wie Leben war gefangen zwischen Verwüstung und Hoffnung, zwischen Unmut und Willenskraft; er war einer, der stets rastlos war, der bis zu seinem Tode nach dem Gefühl ‚Leben‘ suchte. Borchert zeigt sich uns an diesem Abend als ein tief in seinem Wesen sehnsuchtsvoller Schwärmer, als ein ‚Hoffnungsgrünerfindermann‘.

Er selbst beschrieb einmal das Credo und zugleich das Schicksal seines Lebens: ? Eine Injektion Nihilismus bewirkt oft, dass man aus lauter Angst wieder Mut zum Leben bekommt.?

(René Granzow)

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