Die Liebe des Publikums

Das Jubiläumskonzert des Leipziger Synagogalchores

Stellen Sie sich vor: Einem Vortragenden unterläuft ein für sein Publikum hörbarer Fehler, und 1000 Mündern entfährt nicht einmal ein Raunen. So geschehen an diesem denkwürdigen Samstag im Gewandhaus, als Eliyahu Schleifer, Musikprofessor aus Jerusalem, den demissionierten sächsischen Ministerpräsidenten Kurt Biedenkopf als Amtsinhaber und Schirmherrn begrüßte.

Wer nach vierzig Jahren künstlerischen Wirkens ein solches Publikum versammelt, muss vermocht haben, was nur wenigen Künstlern gelingt: Den Ohren Genuss, dem Verstand Respekt und den Herzen Glück verschafft zu haben. Der Leipziger Synagogalchor, in seinem Bestand aus nichtjüdischen Sängerinnen und Sängern und seiner Leitung – seit dreißig Jahren Kammersänger Helmut Klotz – eine einmalige Erscheinung im europäischen Musikleben, gehört zu ihnen.

In Vergangenheit und Gegenwart dieses Ensembles verflechten sich vielfältige, auch einander widerstreitende Strömungen auf extraordinäre Weise: Das Verhältnis der Deutschen zu den Juden, sozialistische Kulturpolitik und Kultur-Markt, Religiosität und Weltlichkeit. Der Urgrund seines Wirkens ist wohl, im besten Sinne „unausgesprochen“, die Liebe zur Musik, die keiner Übersetzer, jedoch nimmermüder Förderer bedarf.

Wer diesen Chor hört, kann es kaum glauben, dass alle seine Mitglieder einen „Brotberuf“ ausüben, der nicht Singen bedeutet. Sicher ist dies auch der Grund, dass Profi-Solisten erster
Güte und hochkarätige Intrumentalisten seit vielen Jahren ihr Gutteil zu seinem Erfolg beitragen.

Ob die alte Weisheit „Glück hat auf die Dauer nur der Tüchtige“ zutrifft, mag jeder für sich selbst entscheiden. Wer sich den geradezu unglaublich hohen Arbeitsaufwand des Opern-Tenors und Chorleiters Helmut Klotz vor Augen führt, wird ihr wohl zustimmen. Möglich, dass sein Geheimnis keines ist – Künstlerisches und Organisatorisches mit gleichem Ernst und stets ein wenig Chuzpe zu betreiben.

Dass der Oberbürgermeister Leipzigs weiß, was dieser Chor für die Stadt bedeutet, stimmt hoffnungsvoll für die Zukunft. Und die vielen jungen Gesichter auf der Bühne und im Saal…

Jubiläumskonzert des Leipziger Synagogalchores

am 15. Juni 2002

Kommentar hinterlassen

Kommentar hinterlassen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.