LeipJazzig

Das siebte Festival der Leipziger Jazzmusiker ist vom 12.-16. Juni

Else Lasker-Schüler (1869-1945), die „größte Lyrikerin, die Deutschland je hatte“ (Gottfried Benn), schrieb Texte, die unsere dünnsten Häute berühren und in Welten entführen, die furchtbar schön und gleichermaßen grausam sind. Ihre Texte in Melodien und Akkorde von Pianist Tobias Rank verwoben, zogen das Publikum mit sich fort: in todesahnende Abgründe und lachenden Überschaum. Dabei interpretierte Elena Hamann behutsam, aufbrausend, lasziv. Die jiddisch temperamentvollen Passagen wurden von Violinist Matthias Zeller gehaltvoll umgarnt, in improvisatorischen Teilen fanden alle drei Künstler zu einem wirklichen Miteinander.

Am Flügel hauchte Tobias Rank den Liedern Leben ein und wandelte souverän zwischen Aufwallungen der Gefühle und zartesten Farbtönen. Alle drei Musiker brachten ihre Spielarten ein, so reichte das Spektrum von Chanson und Klezmer über Jazz bis hin zur Annäherung an Neue Musik.

Wer die hinreißende Melodik des Titel-Gedichtes kennen lernen möchte, kann die Lieder dieses Abends auch als CD kaufen (RAUMKLANG).


Ein musikalischer Eindruck ganz anderer Art bleibt vom zweiten Konzert dieses Abends, der durch vier Musiker mit zum Teil ausgefallenen Instrumenten gestaltet wurde. Im Mittelpunkt stand die Phonola, ein Walzenklavier, das an bzw. über die Tastatur des Flügels geschoben wird und ausschließlich mechanisch funktioniert. Es erklangen neben Selbstkompositionen von Wolfgang Heisig und Michael Breitenbach Stücke von Conlon Nancarrow (1912-97), der in der Neuen Musik eine Renaissance dieses Instrumentes einleitete. Zugegebenermaßen waren die Stücke den meisten der Zuschauer recht fremd. Die unzähligen in Schwingung versetzten Töne der Phonola konnten zudem schwer erfasst werden. Aber gerade die Komplexität der Musik und die Unspielbarkeit für einen Pianisten begründen das tiefer Interesse mancher Komponisten an diesem Instrument.

Michael Breitenbach am Lyricon [geblasener Syntheziser], Tilo Augsten am Synthesizer und Gerrit Juhnke am Schlagzeug kommentierten die am Walzenklavier gespielten Werke improvisatorisch. Für Freunde der elektronischen Musik war das ein fruchtbares Erlebnis, vor allem was die Vielzahl der Klangerscheinungen betraf. Am Schluss der Veranstaltung scharten sich dann die Zuschauer um die Instrumente und stellten ihre Fragen.

Sicher wäre dieser Abschlussabend auch für mehr als die anwesenden ca. 30 Gäste ein profitables Erlebnis gewesen.

LeipJazzig 7. Festival der Leipziger Jazzmusiker 12.-16. Juni 2002

1. Teil: „Leise schwimmt der Mond durch mein Blut“

Lieder zu Texten von Else Laske-Schüler.

Elena Janis Hamann – voc
Tobias Rank – piano
Matthias Zeller – violine, posaune

2. Teil: Plast und Heisig

Wolfgang Heisig – Phonola
Michael Breitenbach – Lyricon
Tilo Augsten – Syntheziser
Gerrit Juhnke -Schlagzeug

Abschlussabend: 16.06.2002 Alte Nikolaischule, Aula

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