Pressekonferenz mit Zwischenbilanz bei der Oper Leipzig (Steffen Lehmann)

20. Januar 2003, Oper Leipzig

Gute Nachrichten in schlechten Zeiten
?Bilanzpressekonferenz? in der Oper Leipzig

Bilanzpressekonferenzen kennt eigentlich nur die Börse, wo Unternehmen im Quartalsabstand über den Verlauf der Geschäfte informieren, Zahlen präsentieren und Trends bekannt geben. Neu ist, dass ein Kulturunternehmen wie die Oper Leipzig eben eine solche Bilanzpressekonferenz veranstaltet. Denn, noch sind es nicht viele Kulturmacher, die sich mit dem Gedanken auseinandersetzen, dass sie nicht nur dem Publikum, sondern auch ihren Geldgebern, dem Steuerzahler, Rechenschaft schuldig sind. Manch einer glaubt sogar, dass in den Kultusministerien niemand sitzt, der die Arbeit der geförderten Kultureinrichtungen verfolgt (so von René Reinhardt, Chef der Schaubühne Lindenfels, bei der Pressekonferenz zur euro-scene geäußert). Werden dann Mittel gekürzt, so schmerzhaft das ist, kommt aber bei niemandem der Gedanke auf, dass das vielleicht an der mangelnden künstlerischen Qualität liegen könnte. In Zeiten klammer öffentlicher Haushalte wird es höchste Zeit, dass auch die Qualität der kulturellen Arbeit auf den Prüfstand kommt. Warum soll etwas finanziert werden, was auf keine Resonanz stößt?

Der Verwaltungsdirektor der Oper, Wolfgang Rothe, konnte in der Tat einige positive Zahlen verkünden. So stand unter dem Jahresabschluss 2001/2002 erstmals seit acht Jahren wieder ein positives Ergebnis. Auch ein kleiner Seitenhieb auf die Ära Udo Zimmermann, der an ähnlichen Problemen, nach nur einer Spielzeit an der Deutschen Oper in Berlin, gescheitert ist. In der laufenden Saison verzeichnet die Oper bislang ein Plus von 42 Prozent bei den Abonnenten im Vergleich zur alten Saison. Auch die Besucherzahlen weisen einen positiven Trend aus. Allein das Opernhaus verbuchte in der abgelaufenen Saison zehn Prozent mehr Besucher. Für die laufende Spielzeit gilt die Marke von 180.000 Besuchern als Ziel. Rothe begründete die positiven Zahlen mit einem Vertrauensbonus, den die Leipziger dem seit siebzehn Monaten amtierenden Intendanten Henri Maier entgegenbringen.

Ein Ausblick auf die kommende Saison gebend, verkündete Rothe, dass keine Preiserhöhungen geplant sind. Allerdings soll an den Wochenenden verstärkt die teure Preiskategorie C verkauft werden, was dann doch eine ?versteckte? Erhöhung ist. Für Abonnenten sollen aber weiter die alten Preise gelten. Bei all den guten Nachrichten wurden auch ein paar dunkle Wolken am Horizont sichtbar. Die jüngsten Tarifverhandlungen im Öffentlichen Dienst werden das Budget der Oper mit rund 1,4 Millionen Euro belasten. Aus eigener Kraft können diese nicht finanziert werden, wie der Verwaltungsdirektor bekräftigte. Intendant Maier zelebrierte dann den öffentlichen Schulterschluss mit seinem Verwaltungsdirektor und nutzte die Gelegenheit, charmant für seine Arbeit zu werben. ?Nach dreißig Monaten wäre das Haus stabil?, sagte er. Den Journalisten diktierte er in ihre Blöcke, dass er manche Kritik akzeptiere, andere nicht. Einem besonders renitenten Frager, der sich nach der Arbeit von Ballettchef Uwe Scholz erkundigte, antwortete Maier ganz souverän. So wird es mit Sicherheit einen ?Schwanensee? und ein ?Le Sacre du Printemps? geben, meint der Intendant.

Einen Aufruf der besonderen Art formulierte der neue Chef des Kinderchores, Jan Altmann: Der Chor brauche dringend Nachwuchs. Und Eltern, die ihre Kinder ?loswerden? wollen, sind herzlich eingeladen, dies bei der Oper Leipzig zu tun.

(Steffen Lehmann)

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